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Unterwegs & Anderswo

~ Kalinkas Geschichten

Unterwegs & Anderswo

Monatsarchiv: Mai 2014

Reise in die Vergangenheit

29 Donnerstag Mai 2014

Posted by Kalinka Maier in Die weite Welt

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Deutschland

Die Sommerurlaube an der Nordsee haben meine Kindheit geprägt. Während andere sich am Strand von Rimini einen Sonnenbrand holten, stapften meine Brüder und ich mit Regenmantel und in Gummistiefeln durch den rauhen Nordseewind. Die Kraft von Meer und Natur war immer allgegenwärtig und sich bei 18 Grad Wassertemperatur in die Brandung zu stürzen war weniger Herausforderung, sondern gehörte einfach zum Sommer.

Mehr als dreißig Jahre später stehe ich gespannt an der Reling des Fährschiffes, das mich wieder zur Insel bringen soll. An dem Schiff scheint die Zeit spurlos vorübergegangen zu sein, es sieht noch aus wie damals und auch der Name ist der gleiche geblieben. Ich erinnere mich, wie ich bei stürmischer See dicht bei meiner Mutter saß, ein Kopftuch gegen den beständigen Wind umgebunden.

Baltrum2Als der kleine Hafen in Sicht kommt, werde ich unruhig und frage mich, ob das kleine Haus, das wir immer gemietet hatten, noch steht – oder ob es mittlerweile einem großen Hotel Platz machen musste. Der Hafen selber scheint wenig verändert und ich kann die Silhouette  eines Pferdewagens mit vorgespannten Kaltblütern erkennen: nach wie vor sind keine Autos auf der Insel erlaubt und wir haben als Kinder immer fasziniert beobachtet, wie das Gepäck vom Schiff auf die Pferdewagen verladen wurde, um dann von den gutmütigen Pferden im bedächtigen Gang zu den Hotels gebracht wurden.

Endlich ist das Schiff fest vertäut und ich gehe mit gemischten Gefühlen die schmale Hauptstraße in den Ort entlang. Alles ist natürlich etwas kleiner und enger als ich es in Erinnerung habe, aber auf den ersten Blick scheint nicht viel verändert: ich erkenne die Kirche mit dem markanten Glockenturm wieder und im Ortszentrum gibt es zwar ein paar größere Cafes, aber ansonsten scheint sich die Bauindustrie zurück gehalten zu haben. Die Wege sind immer noch rot gepflastert und viele Häuser haben auch noch die weißen Holzzäune aus meiner Kindheit. Ich biege nach links ab und erkenne den kleinen Supermarkt wieder, in dem mein Bruder und ich immer die Frühstücksbrötchen holen gingen, den jüngeren Bruder hinten im Bollerwagen nachziehend. Und gleich daneben steht es noch, das kleine Häuschen, dicht an den Boden geduckt, auf dem Rasen Kinderspielzeug verstreut wie vor dreißig Jahren. Kurz sehe ich mich mit meiner Mutter auf der Bank vor dem Haus sitzen und kann es gar nicht glauben, dass sich so gar nichts verändert hat.

Hinter dem Haus vorbei führt die Straße immer noch weiter durch die Dünen zum Strand. Ganz in Gedanken schlendere ich auf die aufgereihten Standkörbe zu. Hier hat sich schon etwas verändert: heute macht sich wohl keiner mehr die Mühe, rund um seinen Korb einen kleinen Wall aus Sand aufzuschütten, als Windschutz und natürlich, um die Außenseite mit Muschelmustern zu verzieren. Die schweren grauen Wolken, die sich gerade über dem Strand auftürmen, sind allerdings die gleichen geblieben und auch die Brandung frisst sich unvermindert in den Sand.scan0020_2

Zum Festland zurück geht es zu Fuß durch das Watt und bis auf die Austern, die sich erst in den neunziger Jahren hier im Watt angesiedelt haben, kann mir die Führerin nicht viel Neues erzählen. Beim Waten durch den glitschigen Schlamm und die kalten Priele durchströmt mich ein stilles Glücksgefühl, dass es in unserer schnelllebigen Zeit immer noch Orte gibt, in denen die Jahre kaum Spuren hinterlassen.

Leben mit der Grube

18 Sonntag Mai 2014

Posted by Kalinka Maier in Dies und das

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Deutschland

scan0012 KopieDie Küche ist sparsam eingerichtet, penibel sauber. Neben der kleinen Küchenzeile steht noch ein alter Kohleherd aus der Zeit als die Mitarbeiter des Braunkohlewerks die Briketts noch gratis bekamen. Mittlerweile gibt es eine moderne Zentralheizung in den kleinen Wohnungen, die nach dem Krieg erbaut wurden und in denen einige Bewohner immer noch die ersten Mieter sind.

Man hört das Ticken der Uhr auf dem Küchenschrank, dem man seine Herkunft aus den 70iger Jahren ansieht. Daneben kleine Porträtfotos, die wohl aus der gleichen Zeit stammen: ein jüngeres selbst, als man fast noch jung war. Auch ein Bild des schon lang verstorbenen Ehemannes. Postkarten-Ansichten von der polnischen Ostsee, wo man als Kind aufgewachsen ist und vom Krieg vertrieben wurde. Die Spitzen der weißen Gardinen am einzigen Fenster verlaufen in einem sauberen Bogen und erlauben einen Blick auf die Straße vorm Haus. Früher standen auf der gegenüberliegenden Seite Kühe auf den Weiden und man hatte im Sommer mit den Fliegen zu kämpfen. Heute stehen dort ordentlich aufgereiht Einfamilienhäuser, in denen mittlerweile auch schon die Kinder erwachsen und aus dem Haus sind.

Früher hörte man auch das ständige Rauschen vom nahen Braunkohlewerk, wenn der Wasserdampf aus den Kühltürmen abgelassen wurde. Das Werk fiel dann Ende der Achtziger selber der Braunkohle zum Opfer, gemeinsam mit dem gleichnamigen Dorf, dessen Bewohner in den Jahren zuvor abgesiedelt wurden und eine gespenstische Ansammlung von Häusern mit zugemauerten Fenstern und Türen zurück ließen. Die Grube rückt näher an den Ort, Zufahrtsstraßen werden verlegt, kurz nach der Ortsausfahrt begegnet man schon der Grubenbahn, die parallel zur Straße Wagen um Wagen mit abgebauter Braunkohle zur Weiterverarbeitung abtransportiert. Gleich dahinter der riesige Schlund der Grube, in der sich der Bagger mit seinen weit ausladenden Schaufelrädern wie ein urzeitliches Ungetüm durch die Kohle gräbt. Die Autos in der Grube wirken daneben wie Spielzeuge.

In den folgenden Monaten werden die Fensterbänke jeden Tag mit einer feinen schwarzen Kohleschicht überzogen sein. Ein offenes Fenster verursacht schwarzen Staub in der Badewanne daneben. Die Straßen rundherum werden mit dem Näherrücken der Grube immer wieder verlegt, teilweise sind beträchtliche Umwege zu fahren, um die umliegenden Ortschaften zu erreichen. Ein über hundert Jahre altes Kloster wurde schon vor einigen Jahren weggebaggert, inklusive umliegendem Wald. Man kommt sich vor wie auf einer Insel im Meer der Braunkohle, die wie durch ein Wunder vom Bagger verschont wurde.

Mittlerweile ist die Grube wieder zugeschüttet, die Narben in der Landschaft durch künstliche Seen und Naherholungsgebiete mit neu aufgeforsteten Wäldern verdeckt. Nichts zeugt mehr von den Geschichten und den Schicksalen, die vorher hier stattgefunden haben. Nur die ganz Alten können noch berichten, wie sie als Kinder im Wald beim Kloster gespielt haben.

Mit der Absiedelung des Tagebaus werden auch die Arbeitsplätze weniger, die jungen Leute verlassen den Ort, die Lebensmittelgeschäfte wandern nach draußen, die Gasthäuser schließen. Für die Dagebliebenen, die fast ihr ganzes Leben hier verbracht haben, werden die täglichen Besorgungen eine Herausforderung.

scan0009 KopieNur das Kraftwerk Niederaußem, das seinen Vorgänger Fortuna ersetzt hat, bläst beständig seine Wasserdampf Wolken in den Himmel über den Ort, die manchmal auch bläulich oder rosa leuchten…

Wen’s interessiert: http://de.wikipedia.org/wiki/Tagebau_Bergheim

Am Königssee

11 Sonntag Mai 2014

Posted by Kalinka Maier in Die weite Welt

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Deutschland

Watzmann Gruppe11 Uhr Vormittags am Busbahnhof von Berchtesgaden. Das Wetter ist etwas trübe und hinter uns verschwindet der Gipfel der Watzmanngruppe in den grauen Wolken. In 10 Minuten soll der Bus eintreffen, der uns zum Königssee bringt. Allerdings sind wir nicht die einzigen auf dem schmalen Busbahnsteig: mit uns drängen sich ca. 50 Menschen asiatischer Herkunft unter dem Schild das den „Watzmann Express“ ankündigt. Alle gut ausgerüstet mit Reiseführern, Ausdrucken, Regenschirmen und natürlich Kameras. Und – das ist eher überraschend – die meisten sind gut vorbereitet auf die bayrische Bergwelt mit Goretex Jacken, Turnschuhen und Rucksäcken auf denen das auffällige Logo von Jack Wolfskin. Da muss es eine Asia Connection des deutschen Outdoor-Ausrüsters geben, dir mir bis jetzt entgangen ist.

Als der Bus um die Kurve biegt, kommt Bewegung in die Menschenansammlung. Der Busfahrer bleibt in einem kleinen Täuschungsmanöver erst in der Mitte des langen Bahnsteiges stehen, bevor er dann bis zum Ende fährt – was uns in die glückliche Lage versetzt, direkt von den sich öffnenden Bustüren zu stehen. Daher gehören wir zu den privilegierten, die einen Platz im Bus bekommen und dazu noch einen Sitzplatz. Immer mehre Leute drängen sich geduldig in das Fahrzeug und zu guter Letzt finden auch noch drei japanische Kinderwagen im hinteren Teil Platz. An Aussteigen ist allerdings nicht mehr zu denken…

Nach dem zweiten Versuch sind auch alle Türen geschlossen und der Bus setzt sich langsam in Bewegung. Im Vorbeifahren sehe ich noch, wie ein paar der draußen gebliebenen zum Taxistand eilen. Langsam erklimmen wir die steile Straße nach Schönau und durchfahren dann in weiten Kurven den langgezogenen Ort, an dessen Ende der türkise – angeblich schönste See in Europa liegt. Der Busfahrer ignoriert sämtliche Haltewünsche, die man durch Drücken einer der roten Knöpfe kundtun könnte. Natürlich bleibt er auch an keiner Haltestelle stehen, um noch neue Gäste aufzunehmen – warum auch, nachdem der Bus bis auf den letzten Platz gefüllt ist. Ich frage mich, warum er nicht gleich den direkten Weg zum See wählt, sondern stoisch die gesamte Route an allen Haltestellen vorbeifährt.

An der Endstation vermischt sich dann der Inhalt des Busses mit den schon vorhanden Massen an Touristen kurz vor dem See – von dem allerdings noch nichts zu sehen ist. Nur die steilen Felswände der umgebenden Berge ragen vor uns auf. Wir lassen uns in der Menge vorbei an schönen alten Häusern mit Lokalen und Souvenirläden Richtung Hafen treiben. Dort weht verlassen eine deutsche Flagge, wie um sich gegen die Invasion aus Asien zu behaupten und zu zeigen, dass wir noch in deutschen Landen sind. Von hier legen die Elektroboote ab und verschwinden zwischen den Felswänden Richtung St. Bartholomä, einer kleine Kapelle auf einer Insel im See, die auch das Ziel der meisten Touristen ist. Rechts hinter der Anlegestelle schmiegt sich der Beton der Bob-Bahn an den Hang – fast wie moderne Kunst.

Königsee

Wir biegen links ab auf einen Wanderweg zum Gipfel des Jenners – und plötzlich sind wir alleine in dieser schönen Landschaft und der Blick auf den tiefblauen See in 1000 Meter Höhe, der sich wie ein Fjord zwischen den steilen Bergwänden erstreckt, gehört uns ganz alleine.

(Deutschland, April 2014)

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