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Etwas atemlos stehen wir vor dem großen Platz, über dem eine Rauchwolke schwebt und die Lichter der vielen Stände unwirklich aussehen lässt. Vor einer guten Stunde hat unser Chauffeur uns durch die engen Gassen der belebten Stadt gelotst, deren Lichtschein schon von weitem den Horizont erhellt hat. Die Tür zu unserem Hotel mit dem geheimnisvollen Namen „Hotel Sherazade“ liegt unscheinbar in einer kleinen Gasse, ist aber reich verziert und hinter ihr tut sich für uns ein kleines Reich mit bunten Mosaiken an den Wänden, einem offenen grünen Innenhof und Zimmern mit reich verzierten Betten und bunten Kissen auf.
Als wir zum „Jemaa el-Fnaa“ Platz aufbrechen, ist es schon dunkel, doch die Gassen und Straßen wimmeln noch von Menschen mit dunkler Haut und langen Gewändern. Nun stehen wir ehrfürchtig vor dem weiten Platz mit seinem bunten Treiben. Vorsichtig wagen wir uns in das Getümmel. Links von mir höre ich die Melodie einer Flöte und sehe einen Schlangenbeschwörer im bestickten Anzug und mit spitzem Turban auf dem Kopf, vor dem sich der schlanke Körper einer Schlange zur Musik wiegt. Ein Stückchen weiter sitzt eine Wahrsagerin auf ihrem kleinen Schemel und preist mit Henna-bemalten Händen ihre Künste an. Auf jeder freien Ecke hat ein Gaukler oder ein Händler seinen kleinen Tisch aufgebaut und ist von Menschen umringt. Ein Geschichtenerzähler hält mit lebhafter Gestik und einem Vortrag in einer mir unverständlichen Sprache die Umstehenden in seinem Bann. Ich weiß gar nicht, wohin ich zuerst schauen soll, um nichts zu versäumen. Sogar Zähne und ausrangierte Zahnprothesen bietet jemand auf seinem kleinen Tisch zum Verkauf an.
In der Mitte des Platzes haben sich die Stände der Essensanbieter versammelt. Wir schlängeln uns durch die dicht nebeneinanderstehenden, überdachten Holzgestelle und werden sofort in eine Duftwolke von exotischen Gerüchen eingehüllt. Neben jeder der Kochstellen stapelt sich Gebratenes, kleine Spieße und andere Dinge, denen ich absolut keine Ahnung habe, aus was sie bestehen könnten. Dazwischen stehen einfache Tische mit Bänken, die von Familien, einzelnen Männern und natürlich auch ein paar – gut erkennbaren – Touristen bevölkert werden. Wir bestellen Oliven, gebratene Tintenfische und gegrillte Garnelen und quetschen uns auf einen freien Platz. Dazu ein Mineralwasser – Alkohol gibt es nirgends zu erstehen.
Später liege ich in meinem Himmelbett im liebevoll eingerichteten Zimmer und fühle mich wie eine Prinzessin aus Tausendundeiner Nacht – bis mich um 5 Uhr morgens der Gesang des Muezzins weckt…
(Marokko, Dezember 2009)