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Wir stapfen in unseren Gummistiefeln über den schlammigen Boden. Die Luft um uns herum ist feucht und heiß, der Urwald von Stimmen erfüllt. Vor uns wird der Wald lichter und wir stehen vor einem See, dessen Ufer rechts und links im Dunst verschwinden. Froh über eine kleine Pause, lassen wir uns auf dem kleinen Steg nieder und packen unsere Sandwiches aus. Friedlich liegt der See vor uns, die graubraune Oberfläche erlaubt keinen Einblick auf verborgene Lebewesen im tieferen Wasser.
Unser Guide lächelt verheißungsvoll und geht am schlammigen Ufer neben dem Steg in die Hocke. Er hat ein kleines Stück Brot in der Hand und hält es ins flache Wasser. Plötzlich beginnt das Wasser rund um die Hand zu brodeln und man erkennt kleine Fischflossen, die im Getümmel immer wieder aus dem Wasser schauen. Natürlich müssen wir uns das Geschehen näher anschauen: hier am Ufer ist das grünliche Wasser recht klar und wir erkennen nun die vielen kleinen Fische, kaum größer als fünf Zentimeter. Außer einem grünen Muster auf dem Rücken sind sie fast durchsichtig und die großen, gelb-schwarzen Augen lassen sie ein bisschen wie aus einer anderen Welt erscheinen.
Der Guide streckt mir ein kleines Stück Brot entgegen und deutet mir, es auch zu probieren soll. Vorsichtig halte ich meine Hand in das warme Wasser. Hier am Ufer ist es so flach, dass ich meine Hand gar nicht komplett eintauchen kann. Sofort sind Brot und Hand von kleinen Fischen umringt. Im ersten Moment bin ich versucht, die Hand sofort wieder raus zuziehen, so ungewohnt ist das Gefühl der kleinen Mäuler, die an meinen Fingern knabbern. Die kleinen Dinger scheinen überhaupt keine Scheu zu kennen: einige springen sogar kurz auf meine Handfläche, um ein Stück Brot zu erhaschen. Ich bin völlig fasziniert von dem Schauspiel und enttäuscht, als das Brot viel zu schnell abgenagt ist. Gleich probiere ich es mit einem weiteren Stück und schon sammeln sich wieder die kleinen, glitschigen Körper um meine Hand und nagen an Brot und Fingern. Fast könnte man einfach die Hand schließen und die Fische einfangen.
Nachdem unser Brot verfüttert ist, sitzen wir noch eine Zeitlang am Steg und schauen auf den See, der nun wieder unschuldig vor uns liegt und dessen ruhige Oberfläche nichts mehr vom sprudelnden Leben ein paar Zentimeter tiefer verrät.
(Borneo, November 2011)