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Ich sitze im schwarzen Wetsuit und Flossen an den Füssen im Bus, der auf der Fahrt zu dem kleinen Hafen ist. Auch meine Mitreisenden stecken – bis auf einen – schon in den Gummianzügen und haben ebenfalls Schnorchel und Taucherbrille auf dem Schoss. Als wir schwerfällig vom Bus in das wartende Boot umsteigen, spürt man schon die Spannung, die in der Luft liegt. Wir wurden zwar zuvor gebrieft und wissen auch alle, wie wir uns im Wasser zu verhalten haben – aber Theorie und Praxis sind dann doch zwei verschiedene Paar Schuhe.
Schon nach kurzer Fahrt – die grünen Hügel der Bucht sind noch gut zu erkennen – tauchen schon die ersten schlanken Körper mit schwarzem Rücken und dem leuchtend weißen Bauch vor uns auf. Die eingeschwärzte Schnabelspitze und die dunklen Augen verleihen ihrem Blick etwas Schelmisches und fast sehen sie aus wie die Clowns der Meere. Und es werden immer mehr. Das Boot wird langsamer bis es schließlich im ruhigen Wasser treibt. Laut unserem Kapitän sind wir mittlerweile von mehr als hundert Dusky Dolphins eingekreist, sie tauchen unter dem Boot hinweg, schauen neugierig aus dem Wasser oder vollführen ausgelassene Sprünge. Ich weiß gar nicht, in welche Richtung ich zuerst schauen soll.
Aber nun werden wir zur Eile angetrieben: alle sofort ins Wasser. Ich bekomme noch zwei Steine in die Hand gedrückt, mit denen ich unter Wasser Lärm machen kann, und schon bin ich im warmen Wasser mitten zwischen den Delfinen. So, nun Geräusche machen, singen, ein Theater für die neugierigen Gesellen aufführen, damit sie Interesse an mir zeigen. Aber zuerst mal das Wasser aus dem Schnorchel blasen und schon sehe ich drei der schlanken Körper unter mir hinwegtauchen. Ich tauche unter, klopfe die Steine aufeinander und da, schon wieder ist einer an mir vorbei gesaust. Einer hält kurz inne, schaut in meine Augen hinter der Taucherbrille und ist schon wieder verschwunden. Den nächsten sehe ich nur aus den Augenwinkeln, wie er über meinen Kopf hinweg schwimmt. Rundherum im grünblauen Wasser wuselt es, Schatten tauchen auf und verschwinden wieder. Mittlerweile sehe ich kein Boot mehr und auch keinen meiner Mitgefährten in den schwarzen Anzügen. Egal. Ich bin gerade schwerelos und in einer anderen Welt. Komme mir zwar etwas blöd vor, unter Wasser mit Schnorchel vor mich hin zu singen, aber es lockt wieder ein paar neugierige Delfine an, die an mir vorbei gleiten und auch kurz in meine Richtung schauen. Wahrscheinlich sind sie bessere Darbietungen gewöhnt.
Schließlich höre ich über Wasser das Signal, wieder zum Boot zurück zu schwimmen. Die Zeiten, die man mit den Delfinen im Wasser verbringen darf, sind streng reglementiert. Einerseits kommt mir die Zeit schon recht lange vor und meine Finger zeigen schon Anzeichen eines Waschhaut. Andrerseits war es viel zu kurz, nur ein Augenblick, den ich an dieser fremden und freundlichen Welt teilhaben durfte.
(Neuseeland, Januar 1999)