• Über mich

Unterwegs & Anderswo

~ Kalinkas Geschichten

Unterwegs & Anderswo

Monatsarchiv: Mai 2018

Im Dorf der bunten Türen

24 Donnerstag Mai 2018

Posted by Kalinka Maier in Die weite Welt

≈ Hinterlasse einen Kommentar

Schlagwörter

Marokko

Wir folgen unserem Guide, der den steilen Pfad zwischen großen, mit Kakteen bewachsenen Felsen erklimmt. Wie immer ist er in einem flotten Tempo unterwegs, sodass ich mich konzentrieren muss, wo ich auf dem steinigen Pfad hintrete, und ihn gleichzeitig nicht aus den Augen zu verlieren. Oben macht der Weg eine Biegung nach links und Christiane bleibt kurz stehen, bis ich mitbekommen habe, wo es lang geht. Hinter mir keucht Gerd, und ich warte, oben angekommen, ebenfalls kurz, bis auch er den weiteren Weg kennt. Vor mir sehe ich gerade noch, wie Christiane in der nächsten schmalen Gasse verschwindet, und ich beeile mich, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Wir sind in Aremd, einem Berberdorf im Mizanetal im Hohen Atlas. Die Steinhäuser der auf 1.900 Meter am höchsten gelegenen Siedlung in diesem Tal haben sich eng an den Berg geschmiegt. Durch sie führt ein Labyrinth an engen Gassen mit steilen, hohen Stufen, die für einen Riesen gemacht zu sein scheinen. Vor gut zwei Stunden sind wir angekommen, haben unser Quartier in einer idyllischen Herberge am Rande des Dorfes mit Ausblick auf die Berge bezogen. Nun will uns unser Guide zeigen, wo es im Dorf ein paar Geschäfte und eventuell sogar ein Café gibt.

Leicht außer Atem erreiche ich nach einigem Auf und Ab Hassan, unseren Guide, und Christiane, die an einer kleinen Kreuzung stehen. „Geradeaus und dann links“ meint Hassan und deutet vage in eine Richtung. Für den Weg zurück sollen wir uns einfach an den Stromleitungen orientieren, die Richtung Herberge führen. Und schon ist er wieder zwischen den Häusern verschwunden.

P1190989Wir warten noch auf Gerd, Jutta und Wolfgang, die auch mit auf Erkundungstour sind. Dann folgen wir der Gasse, die uns Hassan gezeigt hat. Und stehen wenig später auf einem kleinen Plateau, das vor uns steil abfällt. Da müssen wir wohl eine Abzweigung übersehen haben. Wir drehen um und biegen bei der nächsten schmalen Gasse, die abwärts führt, ab. Sie mündet in einen kleinen Tunnel unter den Steinhäusern durch. Am anderen Ende erwartet uns wieder eine Abzweigung, die in einer Sackgasse endet. Also wieder zurück und die nächste Möglichkeit probieren. Dieses Mal kommen wir ein Stück weiter, aber irgendwie sieht es auch hier nicht nach Geschäften und Lokalen aus. Wir haben eher den Eindruck, als hätten wir den Rand des Ortes erreicht. Gerd, Jutta und Wolfgang geben entnervt auf und machen sich wieder auf den Rückweg.

Ich lasse mich mit Christiane noch ein bisschen durch die schmalen Gassen treiben, die wie ausgestorben wirken. Wahrscheinlich ist Nachmittagsruhe und die Geschäftigkeit geht erst am kühleren Abend wieder los. Ab und zu hören wir über uns Stimmen und erblicken Frauen mit Kopftuch, die entweder vom Dach eines Hauses zu uns herunterschauen oder aus dem Fenster lehnen und sich mit der Nachbarin am nächsten Hausdach unterhalten. Telefone sind hier wohl überflüssig.

P1190993

Ein altes Mütterchen kommt uns entgegen und ich frage mich, wie sie es täglich über die steilen Stufen schafft, die mir schon den Schweiß auf die Stirn treiben. Ein Mann im langen Berbergewand zieht ein widerwilliges Muli hinter sich her und verschwindet um die nächste Ecke. Schräg über mir ertönt ein Gackern und ich erblicke zwei Hennen, die es sich in einem verfallenen Fenster bequem gemacht haben.

Am meisten faszinieren mich jedoch die eisernen Türen der Häuser: im Gegensatz zum rötlich braunen Einerlei Steinwände sind sie aufwändig verziert und bunt bemalt. Keine Tür gleicht der anderen. Jeder Bewohner scheint für sich ein kleines, einzigartiges Meisterwerk geschaffen zu haben. Anstatt Namen geben wohl die Verzierungen und Muster der Eingänge Auskunft über ihre Bewohner.

P1190879
P1190975
P1190976
P1190978
P1190979
P1190981
P1190982
P1190983
P1190984
P1190985
P1190986
P1190987
P1190988
P1190990
P1190992
P1190995
P1190998
P1200009
P1200010
P1200011
P1200012
P1200014
P1200038
P1200039

Mittlerweile haben wir uns endgültig verlaufen. Keine Stromleitungen weit und breit mehr zu sehen und selbst die Pfeile zum Hamam des Dorfes haben wir verloren. Die nächste Biegung führt uns in den Hinterhof eines Hauses, wo uns die Hausherrin mit drohendem Finger unmissverständlich zeigt, dass es hier nicht weiter geht. Bei der nächsten Abzweigung schaut eine junge Frau in leuchtend rotem Kleid mit einem Kind auf den Arm aus einer der bunten Türen. Auf unser fragendes „Hamam?“ deutet sie in die Richtung, aus der wir gekommen sind und macht dann eine Biegung mit der Hand nach rechts. Nicht ohne sich mit einem freundlichen Lachen wohl köstlich über die beiden Touristinnen zu amüsieren, die durch die Gassen irren.

Nach einem weiteren Fehlversuch und zwei steilen Gassen, stehen wir wieder vor dem Haus, das groß mit „Hamam“ und „Boulangerie“ beschriftet ist. Nicht, dass weit und breit ein Bad oder eine Bäckerei zu sehen wäre, aber immerhin haben wir wieder die Stromleitungen im Blick. Die führen uns dann auch tatsächlich wieder zurück zu unserer Unterkunft.

Einen Kaffee (oder gar ein Bier) und Souvenirs habe ich auf unserem Ausflug nicht erbeutet, dafür aber eine schöne Sammlung an bunten Türen. Und am Ende ist das doch das schönste Souvenir für mich 🙂

P1200015

(Marokko, Mai 2018)

San Jose

04 Freitag Mai 2018

Posted by Kalinka Maier in Die weite Welt

≈ Hinterlasse einen Kommentar

Schlagwörter

Costa Rica

Ich sitze auf den Steinstufen des kleinen Platzes und umklammere fast schon etwas krampfhaft meinen Pappbecher mit Kaffee. Es ist Sonntagnachmittag in der Avenida Central, der großen Fußgängerzone mitten in San Jose. Um mich herum brodelt das Leben. Obwohl nicht alle Läden geöffnet haben, ist die Kakophonie aus unterschiedlichen Musikstücken, die aus jedem noch so kleinen Geschäft tönen, fast ohrenbetäubend. Es scheint so, als ob der mit den größten Lautsprechern und der lautesten Musik das beste Geschäft macht. Warum man dazu noch zusätzliche Ausrufer mit Mikrofon braucht, um die vielfältigen Waren anzupreisen, ist mir ein Rätsel.

P1170286Ich bin eingeschüchtert vom unbändigen Treiben, das in dieser Straße herrscht. Überall Menschen, die die Straße entlang flanieren oder jeden verfügbaren Platz in den kleinen Parks besetzen. Und Sitzgelegenheiten gibt es wahrlich genug. Die restlichen freien Flächen sind von Tauben besetzt, die sich von der milden Nachmittagssonne wärmen lassen. Ein Schwarm kleiner grüner Papageien fliegt mit lautem Gezeter über den Platz und lässt sich in den Ästen eines mächtigen Baumes nieder.

P1170149Vor mir dreht ein Prediger mit Mikrofon hinter den Ohren seine Runden und verkündet wohl irgendeine frohe Botschaft. Mein Spanisch reicht nicht, um ihn zu verstehen, aber es scheint eine bedeutsame Sache zu sein. Keiner der Umstehenden oder Sitzenden schenkt ihm Beachtung, was aber seinem Elan keinen Abbruch tut. Aus der Kathedrale, die den Platz überragt, klingen – fast als Antwort – die Gesänge einer Messe.

Ich schlendere ein Stück der Straße entlang, in deren Mitte noch mehr Straßenhändler ihre Waren fein säuberlich ausgebreitet haben: Sonnenbrillen, Schuhbänder, Kalenderblätter (pro Monat einzeln zu erwerben), Mützen, Aufziehhunde, Taschen, Socken, einzelne Zigaretten, Lutscher, Lose, Pfefferminzbonbons, DVDs,… Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Und jeder verkündet in einer Art monotonem Singsang, was er er zu bieten hat.

P1170170
P1170171
P1170190
P1170285

Fast an jeder Straßenkreuzung stehen Polizisten – was aber keinen der Fußgänger daran hindert, die Ampeln bei Rot zu überqueren. Dazwischen auch Polizei auf Fahrrädern. Nachdem in den Reiseführern vor allen möglichen Gefahren in Costa Ricas Hauptstadt gewarnt wird, muss ich gestehen, dass ich mich durch die Polizeipräsenz etwas sicherer fühle.

Ein Stück weiter vor dem imposanten Gebäude der Nationalbank diskutiert – sehr zur Unterhaltung der Umstehenden – ein älterer Herr im schon etwas abgetragenen Anzug mit einer fülligen Dame im weißen Minirock. Auch hier kann ich das Thema nicht ausmachen, aber die beiden nehmen es auf jeden Fall sehr ernst und die temperamentvolle Sprache spiegelt sich in ihrer Gestik.

Im nächsten Park hat ein weiterer Prediger noch Verstärkung von ein paar Musikern. Ihm scheinen sogar ein paar Leute Gehör zu schenken, ein Passant wiegt sich verträumt im Takt der Musik.

Es dämmert langsam und ich lasse mich auf einer Bank gegenüber der nächsten Kirche nieder und beobachte, wie ein Regenbogen hinter dem Glockenturm am Abendhimmel erscheint. Langsam wird es etwas ruhiger. Zwei Polizisten führen sanft einen Betrunkenen, der neben dem imposanten Kirchentor lag, hinüber zum Park und setzen ihn fast schon liebevoll auf eine der Bänke.

P1170182

(Costa Rica, Januar 2018)

 

Gib deine E-Mail-Adresse ein, um diesem Blog zu folgen und per E-Mail Benachrichtigungen über neue Beiträge zu erhalten.

Aktuelle Beiträge

  • Wasserwelt
  • Die Rückkehr
  • Selbstverständlich
  • Kalahari
  • Ein Hauch vom Paradies…
  • Der Ruf der Wildnis
  • Mirabilis

Schlagwörter

Alaska Australien Bolivien Botswana Costa Rica Deutschland Dominica Ecuador Georgien Indien Kuba Madagaskar Malaysien Marokko Mongolei Namibia Nepal Neuseeland Oman Portugal Ruanda Rumänien Slowakei Spanien Sri Lanka Südafrika Teneriffa Thailand Uganda Ukraine Ungarn USA Wien Äthiopien Österreich

Fotobox

  • Botswana Von der Kalahari bis zu den Victoria Falls Botswana Von der Kalahari bis zu den Victoria Falls
  • Ecuador & Galapagos Bunte Vielfalt vom Hochland bis zum Meer Ecuador & Galapagos Bunte Vielfalt vom Hochland bis zum Meer
  • Unter Vögeln Auf Fotoreise im Kiskunság Nationalpark Unter Vögeln Auf Fotoreise im Kiskunság Nationalpark
  • Namibia Wüste, Flüsse, Meer & Viecher Namibia Wüste, Flüsse, Meer & Viecher
  • Marrakesch Im geheimnisvollen Orient Marrakesch Im geheimnisvollen Orient
  • Oman Karge Schönheit und üppige Oasen Oman Karge Schönheit und üppige Oasen
  • Sri Lanka Tempel, Reisfelder und Regenwald Sri Lanka Tempel, Reisfelder und Regenwald
  • Tschernobyl Zu Besuch in der verlorenen Stadt Tschernobyl Zu Besuch in der verlorenen Stadt

Blogroll

  • Erwin und die Luchse Unterwegs auf dem Luchstrail
  • Fräulein Draußen (Gastartikel) Gastartikel über den Elster Radweg
  • Am Amazonas Zwei Wochen auf einem Forschungsschiff am Amazonas
  • Drahtesel Drahtesel – und was sie denken ;-)

Alle Beiträge

  • Dezember 2022 (2)
  • November 2022 (2)
  • Januar 2022 (1)
  • Dezember 2021 (1)
  • November 2021 (1)
  • Juli 2021 (1)
  • April 2021 (1)
  • Februar 2021 (2)
  • Januar 2021 (3)
  • Dezember 2020 (1)
  • November 2020 (4)
  • Oktober 2020 (3)
  • August 2020 (1)
  • April 2020 (1)
  • März 2020 (2)
  • Februar 2020 (2)
  • Januar 2020 (1)
  • Dezember 2019 (2)
  • November 2019 (1)
  • Juli 2019 (2)
  • Juni 2019 (1)
  • März 2019 (2)
  • Januar 2019 (1)
  • Dezember 2018 (1)
  • Juli 2018 (1)
  • Juni 2018 (1)
  • Mai 2018 (2)
  • März 2018 (2)
  • Februar 2018 (1)
  • Oktober 2017 (1)
  • September 2017 (3)
  • August 2017 (2)
  • Juli 2017 (1)
  • Juni 2017 (1)
  • Mai 2017 (1)
  • Februar 2017 (2)
  • Januar 2017 (3)
  • November 2016 (1)
  • Oktober 2016 (3)
  • September 2016 (1)
  • Juni 2016 (1)
  • März 2016 (1)
  • Januar 2016 (1)
  • Dezember 2015 (1)
  • November 2015 (1)
  • Oktober 2015 (2)
  • September 2015 (2)
  • Mai 2015 (1)
  • März 2015 (2)
  • Februar 2015 (1)
  • Dezember 2014 (2)
  • Oktober 2014 (2)
  • September 2014 (1)
  • August 2014 (1)
  • Juli 2014 (1)
  • Juni 2014 (1)
  • Mai 2014 (3)
  • Dezember 2013 (1)
  • Juni 2013 (2)
  • September 2012 (1)
Blogheim.at Logo

Bloggen auf WordPress.com.

  • Abonnieren Abonniert
    • Unterwegs & Anderswo
    • Du hast bereits ein WordPress.com-Konto? Melde dich jetzt an.
    • Unterwegs & Anderswo
    • Anpassen
    • Abonnieren Abonniert
    • Registrieren
    • Anmelden
    • Melde diesen Inhalt
    • Website im Reader anzeigen
    • Abonnements verwalten
    • Diese Leiste einklappen
 

Lade Kommentare …