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Unterwegs & Anderswo

~ Kalinkas Geschichten

Unterwegs & Anderswo

Monatsarchiv: Oktober 2020

Wo die Erde Farben schwitzt

22 Donnerstag Okt 2020

Posted by Kalinka Maier in Die weite Welt

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Äthiopien

Unsere Fahrt in die heißeste Gegend unserer Erde beginnt mit einem Umweg, weil die direkte Route noch unter Wasser steht. Keiner unserer Fahrer ist bis jetzt bei einem so hohen Wasserstand durch die Wüste gefahren. Und sie es wollen auch jetzt nicht riskieren.

Um in die abgelegene und schwer erreichbare Danakil Wüste in Äthiopien zu kommen, muss man schon einige Hürden nehmen. Gestern rollten unsere Jeeps Kurve um Kurve immer weiter in die Tiefe. Die Landschaft wurde kahler, bis zum Schluss nur noch hellbraune Steine die umliegenden Hügel bedeckten. Dafür stiegen die Temperaturen kontinuierlich und ein bisschen kann ich mir schon vorstellen, warum die Hölle unter der Erde liegen soll. Ihr „Vorhof“ liegt auf jeden Fall schon gute 100 Meter unter dem Meeresspiegel.

Zwischen ein paar spartanischen Steinhütten mussten wir gute zwei Stunden in der Hitze ausharren, bis wir die Genehmigung bekamen, um das Gebiet der Afar überhaupt zu betreten. Ihnen gehört das Stück Land an der Grenze zu Eritrea. Und sie sind ein stolzes Volk, was man an ihrer Haltung und ihrem Blick erkennt. Obwohl die drei Polizisten, die wir als „Begleitschutz“ noch in unseren Jeeps unterbringen müssen, klein und schlank sind, flößen sie einem doch Respekt ein. Was natürlich auch an dem Gewehr liegen mag, das sich unser Begleiter zwischen die Knie zwängt.

Doch heute ist es soweit: die Räder unserer Fahrzeuge erzeugen kleine Wasserfontänen, wie sie über die endlos glatte Fläche der Salzwüste fahren. Rechts und links nur weiß. Ab und zu ragt ein dunkler Felsen wie eine Insel aus dem Wasser. Die Luft flimmert, die Klimaanlage läuft auf Hochtouren. Kaum vorstellbar, dass hier immer noch Salz abgebaut wird und sich an anderen Tagen lange Kamel-Karawanen über die Ebene bewegen.

Unser Ziel sind heute die Schwefelterrassen des Dallol-Vulkans in einem der vulkanisch aktivsten Gebiete der Erde. Wir sind nicht die ersten, ein paar Jeeps haben schon vor der flachen Felserhebung geparkt. Dicht vermummt gegen die Temperaturen verlassen wir unsere gekühlten Fahrzeuge. Sogleich werden wir eingehüllt von der Hitzewolke. Nur knapp 40 Grad heute. Relative kühl, wie wir erfahren: in den Sommermonaten kann es bis zu 50 Grad heiß werden.

Langsam gehen wir über die dunklen Steine nach oben, auf die kleinen Rauchwölkchen zu. Bizarr geformte Felsentürmchen begleiten uns. Dann ist der Boden mit runden, schneckenform-artiken Muster bedeckt: kleine Häufchen aus Salzkristallen. Die Oberfläche scheint hier brüchig. Platten, die sich übereinanderstapeln. Wir folgen vorsichtig der Spur unseres Guides durch die unwirkliche Landschaft.

Direkt unter den Rauchwolken wird die Erde bunt, erstrahlt in allen Gelb- und Grüntönen. Es blubbert und kocht um uns herum. Kleine Tümpel, umrahmt von gelben Rändern, erstrahlen leuchtend grün. Unwirtlich und doch wunderschön in all den Farben und Formen. Endlos scheint sich die Vulkanlandschaft auszudehnen. Die Menschen vor mir erscheinen klein und verloren in diesem Gemälde aus Stein und Schwefel.

Fotografieren scheint sinnlos, viel zu viele unterschiedliche Bilder und Eindrücke, die sich unmöglich mit ein paar Millionen Pixeln einfangen lassen. Ich stehe einfach nur mittendrin, spüre die Hitze, die sich auf mich legt und das Atmen schwer macht, rieche den Schwefel, höre das Brodeln und Sprudeln der Erde, versuche die Farben und Formen einzufangen, mit allen Sinnen zu spüren. Das Ende der Welt, so muss es sein: gewaltig und erschreckend, faszinierend und prachtvoll zugleich.

(Äthiopien, November 2018)

Hüttensommer

15 Donnerstag Okt 2020

Posted by Kalinka Maier in Dies und das

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Österreich

Kurz vor 6 Uhr, der Wecker klingelt. Wie immer werfe ich zuerst einen Blick durch das kleine Fenster meiner Dachkammer: die Sonne lugt gerade über die gegenüberliegenden Berge und taucht die Landschaft in weiches Licht. Rasch schlüpfe ich in Jeans und T-Shirt und marschiere mit meinem Waschzeug unterm Arm zwei Stockwerke tiefer ins Bad. Kurze Katzenwäsche mit kaltem Wasser, um den Schlaf aus den Augen zu vertreiben.

Und dann stehe ich auch schon in der Gaststube, die gerade von den ersten Sonnenstrahlen begrüßt wird. Wunderschöne Aussicht ins Tal heute, in der Ferne leuchtet die goldene Scheibe des Neusiedlersees. Eine Gämse steht malerisch am Berghang, nur 100 Meter von der Hütte entfernt, und scheint ebenfalls die Morgenstimmung zu genießen.

Ich liebe diese erste stille Stunde am Morgen, wenn noch alles ruhig ist und ich die Bergwelt für mich alleine habe. Während ich das Frühstück für die Gäste vorbereite, trudeln auch schon vereinzelt die anderen Mitglieder des Hüttenteams ein. Sitzen mit einer Tasse dampfendem Kaffee am Stammtisch, plaudern oder hängen noch ihren eigenen Gedanken nach.

Für mich geht sich heute nur eine schnelle Kaffee-Pause aus, da die Hütte voll ist und das Wetter traumhaft. Der Strom der Wanderer, die verschwitzt bei uns ankommen und Sonne und Aussicht im Garten genießen, reißt für die nächsten Stunden nicht ab.

Kurz erlaube ich mir eine kleine Auszeit, um mich in unseren „Ruhepol“ hinter der Hütte zu „flüchten“: eine kleine Holzbank umgeben von verwilderten Gräsern und Holzstapeln, zwischen denen sich überraschend viele Vögel tummeln. Ein Kaffee mit Schokoriegel, das Gesicht in die warme Sonne halten, um Energie für die nächsten Stunden zu sammeln.

Am späteren Nachmittag ist es ruhiger und ich laufe langsam barfuß über die Wiesen vor der Hütte. Das Gras ist kühl, kitzelt meine Fußsohlen und ich muss aufpassen, dass ich nicht auf eine der Bienen trete, die auch hier oben fleißig unterwegs sind. Ein paar Edelweiß verstecken sich zwischen den Grasbüscheln. Die Stille hält wieder Einzug. Nur vereinzelt hört man die Stimmen von Wanderern, die schon wieder unterwegs ins Tal sind. Der Berg gehört nun den Gämsen, die sich langsam wieder blicken lassen.

Am Abend entlädt sich ein Gewitter über uns. Dunkle Wolken, der Regen prasselt aufs Dach, der Wind pfeift um die Hütte als wollte er sie mit sich forttragen. Das Krachen des Donners wird von den umliegenden Bergen vervielfacht. Wir sitzen gebannt am Fenster und erfreuen uns am Schauspiel von Blitzen und Wetterleuchten, das uns heute geboten wird.

Der nächste Morgen wird Regen und Nebel bringen und die Landschaft wird eine andere sein. Rauer und abweisend, wenn der Wind die Wolken über den steilen Grat jagt. Immer neue Stimmungen und Ausblicke, die uns die Natur hier oben schenkt. Und eine schöner als die andere.

(Rax, Österreich, August 2020)

Der letzte Flug

07 Mittwoch Okt 2020

Posted by Kalinka Maier in Die weite Welt

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Marokko

Marrakesch, 14.März 2020, 21:30 Uhr. Wir sitzen auf dem Dach unseres Riads, genießen den warmen Abend und feiern meinen Geburtstag. Wir haben schon die eine oder andere Flasche Wein geleert, als mir meine Freundin ihr Handy mit einer SMS zeigt: „Was soll ich davon halten?“

„Flugverbindungen zwischen Österreich-Marokko sowie weiteren Staaten eingestellt. Ihr Außenministerium“, lautet die knappe Mitteilung.

Im ersten Moment weiß ich nicht genau, was ich mit dieser Nachricht anfangen soll. Wir haben schon den ganzen Tag Gerüchte gehört, dass einige Staaten die Grenzen wegen Corona dicht machen. Aber bezüglich Österreich war im World Wide Web – außer von Hamsterkäufen in Supermärkten – nichts zu finden gewesen. Unser Rückflug nach Wien wäre eigentlich für morgen geplant. Nun wohl doch nicht…

Es dauert ein paar Minuten bis die Info in unserer Mädelsrunde ankommt. Dann bricht Hektik aus: daheimgebliebene Ehemänner und Freunde werden aktiviert, um weitere Infos zu bekommen. Wir versuchen, bei der angegebenen Nummer des Außenministeriums anzurufen. Nach einigen Versuchen haben wir dann auch eine nette Dame in der Leitung, die uns rät, morgen trotzdem zum Flughafen zu fahren. „Keine Angst, wir holen Sie schon wieder nach Hause. Wenn nicht morgen, dann spätestens in ein paar Tagen“, versichert sie uns noch.

Viel mehr können wir heute wohl auch nicht mehr tun. Der Wein ist noch nicht ausgetrunken, die Nacht immer noch angenehm warm und die Sterne funkeln ungerührt am Nachthimmel über der großen Stadt. „Man wird nur einmal 55“, denke ich bei mir und hebe mein Glas, um den anderen zuzuprosten.

Am nächsten Morgen stehen wir am Platz der Gehängten und warten auf unser Taxi zum Flughafen. Viel merkt man nicht von der Panik, die das Virus gerade rund um den Globus auslöst. Vielleicht sind heute ein paar Touristen weniger als sonst auf dem berühmten Platz unterwegs.

Ganz anders am Flughafen, wo sich lange Schlangen vor den Abfertigungsschaltern gebildet haben. Der AUA-Schalter ist ebenfalls belagert. Noch ist unklar, ob wir überhaupt in der richtigen Schlange stehen. Aber aus Wien haben wir die Info bekommen, dass unser Flieger von dort Richtung Marrakesch gestartet ist. Das gibt Anlass zur Hoffnung.

Nach gut zwei Stunden bangen Wartens haben wir unsere Boarding Pässe in der Hand, marschieren erleichtert Richtung Gate. Vorbei an Menschentrauben, die sich vor Flugschaltern drängen und teilweise lautstark diskutieren.

Nach dem Trubel beim Einchecken erscheint die Abflughalle fast gespenstisch menschenleer. Wir können pünktlich boarden und sitzen schließlich in einem vollbepackten Flieger, in dem sogar die Notsitze des Flugpersonals mit Passagieren besetzt sind. Zwei junge Mädchen, die vor uns in der Schlange am Schalter standen, haben vor Erleichterung Tränen in den Augen, dass sie noch einen Platz ergattert haben. Auch wenn das heißt, dass sie fast den ganzen Flug stehen müssen.

Eine Stewardess erzählt uns, dass sich der Flugkapitän dafür stark gemacht hat, dass dieser Flug noch durchgeführt wird, um möglichst viele Österreicher zurück zu holen. Und dass sie auch nicht wissen, wie es nun weitergeht…

Ankunft in Wien, erleichterte bessere Hälften, die ihre Damen in Empfang nehmen. Ein bisschen verloren stehe ich vor der Gruppe, kämpfe gegen die aufsteigenden Tränen an, erlaube mir noch eine Umarmung zum Abschied – nicht wissend, wie lange der nun ausgerufene Lockdown dauern wird und wann ich wohl wieder einem anderen Menschen so nahe kommen werde.

(Marokko, März 2020)

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