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Der Frühstückssaal des Hotels liegt im 7.Stock mit Rundum-Ausblick über die Altstadt von Havanna. Leider sind bei unserem Eintreffen alle Tische besetzt, also gehen wir uns erst mal Kaffee holen. Die weißen Kaffeetassen dürften wohl schon von allen Anwesenden in Beschlag genommen sein, also kommt der Kaffee in ein Fruchtsaftglas und wir bewundern die Aussicht, bis kurz darauf ein Tisch frei wird.
Mein mehrmaliges Nachfragen nach einem Teller wird mit einem Schulterzucken und einem halbherzigen Lächeln beantwortet, also greife ich schließlich zur Müslischale.
Am Platz für die Spiegeleier glänzt der blanke Boden der leeren Schale, dafür gibt es Rührei in rauen Mengen. Ei ist schließlich Ei, egal in welcher Form – passt eh besser in die Müsli-Schale als ein Spiegelei.
Weiter zum Brot: der Berg aus Toast ist schon fast liebevoll zerfleddert und ich kann mir ganz gut die arme Küchenhilfe vorstellen, die versucht, mit einem nicht mehr ganz scharfen Messer Scheiben von dem weichen, viereckigen Toastleib herunter zu schälen. Dafür entfällt das Toasten, da weit und breit kein Toaster in Sicht ist.
Aber neben dem Brot gibt es kleine verpackte Vierecke, die mit „Deutscher Markenbutter“ (hergestellt in Hamburg) beschriftet sind. Was für ein Luxus!
Das Kontingent an Gabeln scheint ebenfalls beschränkt zu sein, denn es ist auch durch Nachfragen (dasselbe freundliche Schulterzucken) keine aufzutreiben. Obwohl es einige Glückliche gibt, die eine ergattern konnten, wie ein Blick in die Runde zeigt. Aber Rührei lässt sich auch mit dem Messer essen und nun bin ich froh über meine Müslischale.
Mittlerweile ist die Größe der Käsescheiben am Buffet von ursprünglich 8×8 Zentimeter auf ein Viertel geschrumpft. Die sind dafür aber liebevoll auf der großen Platte verteilt. Also wird der restliche Hunger mit Wurst gestillt, die es im Überfluss gibt.
Als ich Nachschub für meinen Kaffee holen möchte (mittlerweile gibt es wieder Tassen!), stelle ich fest, dass der große Behälter mit dem Kaffee komplett verschwunden ist. Also weiter zum Fruchtsaft…
Langsam bekomme ich eine Vorstellung davon, wie der Alltag für einen Kubaner aussehen muss: improvisiere mit dem, was gerade zu bekommen ist – auch wenn du es im Moment vielleicht gar nicht brauchst.
Nachsatz: es gab auch Quartiere (vor allem private), wo das Frühstück wirklich gut und reichlich war. Die Buffets der großen, staatlichen Hotels glänzten dagegen meistens durch Lieblosigkeit.
(Kuba, Dezember 2013)