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Unterwegs & Anderswo

~ Kalinkas Geschichten

Unterwegs & Anderswo

Schlagwort-Archiv: Costa Rica

San Jose

04 Freitag Mai 2018

Posted by Kalinka Maier in Die weite Welt

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Costa Rica

Ich sitze auf den Steinstufen des kleinen Platzes und umklammere fast schon etwas krampfhaft meinen Pappbecher mit Kaffee. Es ist Sonntagnachmittag in der Avenida Central, der großen Fußgängerzone mitten in San Jose. Um mich herum brodelt das Leben. Obwohl nicht alle Läden geöffnet haben, ist die Kakophonie aus unterschiedlichen Musikstücken, die aus jedem noch so kleinen Geschäft tönen, fast ohrenbetäubend. Es scheint so, als ob der mit den größten Lautsprechern und der lautesten Musik das beste Geschäft macht. Warum man dazu noch zusätzliche Ausrufer mit Mikrofon braucht, um die vielfältigen Waren anzupreisen, ist mir ein Rätsel.

P1170286Ich bin eingeschüchtert vom unbändigen Treiben, das in dieser Straße herrscht. Überall Menschen, die die Straße entlang flanieren oder jeden verfügbaren Platz in den kleinen Parks besetzen. Und Sitzgelegenheiten gibt es wahrlich genug. Die restlichen freien Flächen sind von Tauben besetzt, die sich von der milden Nachmittagssonne wärmen lassen. Ein Schwarm kleiner grüner Papageien fliegt mit lautem Gezeter über den Platz und lässt sich in den Ästen eines mächtigen Baumes nieder.

P1170149Vor mir dreht ein Prediger mit Mikrofon hinter den Ohren seine Runden und verkündet wohl irgendeine frohe Botschaft. Mein Spanisch reicht nicht, um ihn zu verstehen, aber es scheint eine bedeutsame Sache zu sein. Keiner der Umstehenden oder Sitzenden schenkt ihm Beachtung, was aber seinem Elan keinen Abbruch tut. Aus der Kathedrale, die den Platz überragt, klingen – fast als Antwort – die Gesänge einer Messe.

Ich schlendere ein Stück der Straße entlang, in deren Mitte noch mehr Straßenhändler ihre Waren fein säuberlich ausgebreitet haben: Sonnenbrillen, Schuhbänder, Kalenderblätter (pro Monat einzeln zu erwerben), Mützen, Aufziehhunde, Taschen, Socken, einzelne Zigaretten, Lutscher, Lose, Pfefferminzbonbons, DVDs,… Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Und jeder verkündet in einer Art monotonem Singsang, was er er zu bieten hat.

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Fast an jeder Straßenkreuzung stehen Polizisten – was aber keinen der Fußgänger daran hindert, die Ampeln bei Rot zu überqueren. Dazwischen auch Polizei auf Fahrrädern. Nachdem in den Reiseführern vor allen möglichen Gefahren in Costa Ricas Hauptstadt gewarnt wird, muss ich gestehen, dass ich mich durch die Polizeipräsenz etwas sicherer fühle.

Ein Stück weiter vor dem imposanten Gebäude der Nationalbank diskutiert – sehr zur Unterhaltung der Umstehenden – ein älterer Herr im schon etwas abgetragenen Anzug mit einer fülligen Dame im weißen Minirock. Auch hier kann ich das Thema nicht ausmachen, aber die beiden nehmen es auf jeden Fall sehr ernst und die temperamentvolle Sprache spiegelt sich in ihrer Gestik.

Im nächsten Park hat ein weiterer Prediger noch Verstärkung von ein paar Musikern. Ihm scheinen sogar ein paar Leute Gehör zu schenken, ein Passant wiegt sich verträumt im Takt der Musik.

Es dämmert langsam und ich lasse mich auf einer Bank gegenüber der nächsten Kirche nieder und beobachte, wie ein Regenbogen hinter dem Glockenturm am Abendhimmel erscheint. Langsam wird es etwas ruhiger. Zwei Polizisten führen sanft einen Betrunkenen, der neben dem imposanten Kirchentor lag, hinüber zum Park und setzen ihn fast schon liebevoll auf eine der Bänke.

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(Costa Rica, Januar 2018)

 

Schmetterlinge

05 Montag Mär 2018

Posted by Kalinka Maier in Die weite Welt

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Costa Rica

„Wie ist denn das nun mit den Schmetterlingen?“ Peter sitzt auf Monikas Bett und schaut erwartungsvoll in die Runde. „Müssen die sofort da sein oder kommen die erst später? Wie lange spürt man die? Sind die nach sechs Monaten auch noch da?“

Der Regen trommelt auf das Dach, wir haben uns auf die zwei Betten in Monikas Zimmer verteilt, jeder ein Glas in der Hand. Am Nachtkästchen steht eine Galerie von Rotweinflaschen, einige schon leer. Es geht auf Mitternacht zu und wir sind vom Restaurant der kleinen Lodge mitten im Regenwald hierher gewandert, damit das Personal in den wohlverdienten Feierabend gehen kann. Morgen ist Silvester, unser Alkoholvorrat dürfte aber solange nicht mehr überleben.

P1160074-2Peter ist mit Anfang Dreißig das Nesthäkchen unserer Gruppe. Er hält den schon etwas zerzausten Stoff-Teddy von Monika in den Händen, streichelt ihm über den Kopf während er uns immer noch fragend anschaut. In Wahrheit geht es nicht um die Schmetterlinge im Bauch, sondern eher um die Entscheidung, ob er für eine Frau wieder zurück nach Asien gehen soll, wo er schon mal beruflich ein Jahr verbracht hat. Seine Augen strahlen, als er von ihr erzählt. Eigentlich hat er sich schon entschieden, denke ich mir und nippe an meinem Weinglas.

„Ich bin nun schon zwei Jahre alleine und es ist nicht so wirklich meins“, nutzt Anton die Pause. Er ist der Älteste von uns, wirkt oft wie ein großer Junge. „Was hindert dich daran, das zu ändern?“ „Mein Beuteschema: langbeinig, blond und hochbusig.“ Dann erzählt er, dass seine Frau ihn wegen einem Jüngeren verlassen hat – sie war 20 Jahre jünger als er.

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Helmut schläft seit einem halben Jahr im Büro, weil seine Frau ihm eröffnet hat, dass sie eine Affäre mit einem anderen hatte. Er hofft aber, dass sich das wieder einrenkt und schweift dann noch in die Beziehung mit der Mutter seines Kindes ab.

Monika war 23 Jahre verheiratet, ist nun seit drei Jahren solo und ganz zufrieden damit. Man verändert sich mit den Jahren und plötzlich passt man nicht mehr zusammen. Sie lächelt und wirft kurz einen Blick auf den Teddy, der eine ganz eigene Geschichte zu haben scheint.

Schließlich gesteht Jens, dass es bei ihm kurz vor Reise gefunkt hat und er lächelt dabei schüchtern in seine vorgehaltene Hand, bevor er wieder nach passender Musik auf seinem Handy sucht.

Peter ist mittlerweile mit dem Teddy im Arm – den er Bruno getauft hat – eingeschlafen. Wir verteilen den letzten Rotwein auf unsere Gläser. Stoßen schon mal an auf das kommende Jahr und genießen ein paar Minuten das Schweigen, das Gefühl der Nähe, das sich manchmal an Abenden wie diesen zwischen wildfremden und so unterschiedlichen Menschen entwickelt. Wenn man weiß, dass man nur eine begrenzte Zeit miteinander verbringt und anschließend wieder getrennte Wege in unterschiedliche Himmelsrichtungen gehen wird.

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(Costa Rica, Dezember 2017)

Tropischer Regen

11 Sonntag Feb 2018

Posted by Kalinka Maier in Am Fahrrad, Die weite Welt

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Costa Rica

Ich stehe bis zu den Oberschenkeln im lauwarmen Wasser und befreie Waden und Knie vom braunen Schlamm, den ich mir durch allzu unvorsichtiges Sprinten durch die letzten Wasserpfützen eingehandelt habe. Von oben prasselt der Regen auf meine Jacke, was aber mittlerweile keinen Unterschied mehr macht, da ich eh schon ziemlich durchnässt bin. Vor mir erstreckt sich die vom Regen gekräuselte Oberfläche des Arenal-Stausees, an dessen Ufer in der Ferne grüne Hügel aus dem Wasser ragen. Die bewachsenen Hänge verschwinden aber bald in tief hängenden Nebelschwaden.

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Auf der Wasseroberfläche sind noch die Köpfe von Peter und Monika zu erkennen: nach einer guten Stunde radeln durch lauwarmen Regen sind sie gleich mitsamt ihren durchweichten Kleidern in den See gesprungen.

Hinter mir, unter einem trockenen Unterstand, labt sich der Rest der Gruppe an frischen Ananas und Papayas sowie Keksen und Müsliriegeln. Alle mehr oder weniger nass und in unterschiedlichen Stadien mit Lehm bespritzt. Die Regentropfen trommeln nach wie vor auf das Blechdach, aber weder das feuchte Wetter noch die grauen Wolken können unsere Laune trüben. Wir beobachten einen Silberreiher, der sich am Ufer niederlässt, und Peter und Monika, die triefend dem See entsteigen und durch den Regenvorhang auf uns zu kommen.

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Vor mehr als zwei Stunden sind wir am Staudamm des Arenal-Sees mit unserer Tour gestartet. Ein neugieriger Nasenbär blockiert kurz die Straße in der Hoffnung auf eine Banane oder sonstige Leckerbissen. Es ist noch trocken und die Hitze macht uns beim Strampeln über die zahlreichen, langgezogenen Hügel zu schaffen. Aber das ständige Auf und Ab beschert uns immer wieder traumhafte Ausblicke auf den See, der von dichtem Regenwald umgeben ist. Bei der nächsten Steigung überholt mich Peter lautstark singend und dann Helmut vor mir, um gleich darauf mit dem Kopf über dem Lenker wieder abwärts auf den See zuzurasen.P1150893

Als dann der Regen beginnt, nehmen wir es erst noch locker, schließlich ist auch der warm. Nach einiger Zeit wird er aber immer stärker und dann irgendwann auch kühler. Nur unsere Guides stehen ungerührt im Regen, als wir uns in einem kleinen Café am Weg mit heißen Getränken aufwärmen.

Später im Bus dampft es, die Scheiben sind beschlagen. Wir schälen uns aus den feuchten Sachen, froh, sich wieder trocken zu fühlen. Es ist zwar eng, aber nach mehr als einer Woche gemeinsamer Reise gibt es kaum noch „Berührungsängste“. Und unser DJ Jens hat wie immer die richtige Musik auf seinem Handy: „Ain’t no sunshine …“.

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(Costa Rica, Januar 2018)

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