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„Wie ist denn das nun mit den Schmetterlingen?“ Peter sitzt auf Monikas Bett und schaut erwartungsvoll in die Runde. „Müssen die sofort da sein oder kommen die erst später? Wie lange spürt man die? Sind die nach sechs Monaten auch noch da?“
Der Regen trommelt auf das Dach, wir haben uns auf die zwei Betten in Monikas Zimmer verteilt, jeder ein Glas in der Hand. Am Nachtkästchen steht eine Galerie von Rotweinflaschen, einige schon leer. Es geht auf Mitternacht zu und wir sind vom Restaurant der kleinen Lodge mitten im Regenwald hierher gewandert, damit das Personal in den wohlverdienten Feierabend gehen kann. Morgen ist Silvester, unser Alkoholvorrat dürfte aber solange nicht mehr überleben.
Peter ist mit Anfang Dreißig das Nesthäkchen unserer Gruppe. Er hält den schon etwas zerzausten Stoff-Teddy von Monika in den Händen, streichelt ihm über den Kopf während er uns immer noch fragend anschaut. In Wahrheit geht es nicht um die Schmetterlinge im Bauch, sondern eher um die Entscheidung, ob er für eine Frau wieder zurück nach Asien gehen soll, wo er schon mal beruflich ein Jahr verbracht hat. Seine Augen strahlen, als er von ihr erzählt. Eigentlich hat er sich schon entschieden, denke ich mir und nippe an meinem Weinglas.
„Ich bin nun schon zwei Jahre alleine und es ist nicht so wirklich meins“, nutzt Anton die Pause. Er ist der Älteste von uns, wirkt oft wie ein großer Junge. „Was hindert dich daran, das zu ändern?“ „Mein Beuteschema: langbeinig, blond und hochbusig.“ Dann erzählt er, dass seine Frau ihn wegen einem Jüngeren verlassen hat – sie war 20 Jahre jünger als er.
Helmut schläft seit einem halben Jahr im Büro, weil seine Frau ihm eröffnet hat, dass sie eine Affäre mit einem anderen hatte. Er hofft aber, dass sich das wieder einrenkt und schweift dann noch in die Beziehung mit der Mutter seines Kindes ab.
Monika war 23 Jahre verheiratet, ist nun seit drei Jahren solo und ganz zufrieden damit. Man verändert sich mit den Jahren und plötzlich passt man nicht mehr zusammen. Sie lächelt und wirft kurz einen Blick auf den Teddy, der eine ganz eigene Geschichte zu haben scheint.
Schließlich gesteht Jens, dass es bei ihm kurz vor Reise gefunkt hat und er lächelt dabei schüchtern in seine vorgehaltene Hand, bevor er wieder nach passender Musik auf seinem Handy sucht.
Peter ist mittlerweile mit dem Teddy im Arm – den er Bruno getauft hat – eingeschlafen. Wir verteilen den letzten Rotwein auf unsere Gläser. Stoßen schon mal an auf das kommende Jahr und genießen ein paar Minuten das Schweigen, das Gefühl der Nähe, das sich manchmal an Abenden wie diesen zwischen wildfremden und so unterschiedlichen Menschen entwickelt. Wenn man weiß, dass man nur eine begrenzte Zeit miteinander verbringt und anschließend wieder getrennte Wege in unterschiedliche Himmelsrichtungen gehen wird.
(Costa Rica, Dezember 2017)