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~ Kalinkas Geschichten

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Schlagwort-Archiv: Ruanda

Silberrücken

22 Sonntag Jan 2017

Posted by Kalinka Maier in Die weite Welt

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Ruanda

Mein Porter lässt meine Hand gar nicht mehr los. Seit gut einer Stunde kämpfen wir uns in 2500 Meter Höhe händchenhaltend durch den dichten Dschungel. Ursprünglich angeheuert, um meinen Rucksack zu tragen – was nicht wirklich nötig ist, da eh nur mit meinem Vorrat an Wasser und Müsliriegeln gepackt, sondern eher als Unterstützung für die lokale Community und indirekt so auch für die Gorillas – erweist sich nun die helfende Hand auf dem steilen Hang als willkommene Unterstützung. Meine Versuche, mich auf den kurzen, geraden Stücken durch ein „I am ok.“ von der fürsorglichen Führung zu befreien, sind nur von kurzem Erfolg gekrönt. Mein Begleiter sieht es als seine persönliche Mission, mich wohlbehalten zu den Berggorillas zu bringen.

Apropos Gorillas: vor uns hören wir lautes Rufen. Anscheinend sind wir nun auf die Tracker getroffen, die unsere Gorilla Familie jeden Tag begleiten und den Guide auf die richtige Spur führen. Drei Männer in Tarnkleidung tauchen vor uns aus dem dichten Gestrüpp auf. Sie deuten auf den gegenüberliegenden Hang, wo sich die Äste einiger Bäume schwungvoll bewegen. Nun kann es nicht mehr weit sein.

Nach 15 Minuten müssen unsere Porter und Rucksäcke zurück bleiben, nur wir und unsere Kameras dürfen dem Guide weiter folgen. Auch die Wanderstöcke müssen an die Porter abgegeben werden, weil sie bedrohlich wirken könnten. Und dann taucht kurz darauf plötzlich ein breiter, behaarter Rücken vor uns auf einer Lichtung auf. Ich halte die Luft an vor lauter Aufregung, es sind keine fünf Meter mehr bis zu dem Silberrücken. (Hatte der Guide nicht von 7 Metern Minimalabstand gesprochen?).

p1010649Unser Guide winkt uns näher und deutet uns, den mächtigen Rücken zu umrunden. Vorsichtig folge ich meinen Vordermännern bis ich schließlich dem Gorilla gegenüberstehe. Der scheint von unserem Besuch gänzlich unbeeindruckt, reißt gemächlich Gräser und Blätter ab und lässt sie sich schmecken – während unsere Fotoapparate klicken. Lucky heißt er und ist der Chef der Hirwa Familie.

Aus dem Gebüsch kommt nun eine Dame stolziert und Lucky ergreift die Gelegenheit, um uns in den Genuss einer kleinen Darbietung seiner Manneskraft kommen zu lassen. „Jiggi, Jiggi“, wie es die Einheimischen nennen. Kaum einen Meter neben mir. Ich bin so überrascht, dass ich ganz vergesse, Fotos zu machen.

Anschließend setzt er sich gemütlich in die Sonne, döst ein bisschen oder schaut versonnen in die Ferne. Eigenartig, in das Gesicht eines so nahen Verwandten zu blicken. Ob er sich wohl auch überlegt, was wir gerade denken?

p1010769Die beiden Zwillinge der Familie, ein knappes Jahr alt, tauchen auf und klettern spielend die dünnen Bambusstämme hoch. Unser Guide deutet uns, weiter in seine Richtung  zu kommen, damit wir nicht zwischen Lucky und seinem Nachwuchs stehen. Das könnte er als Bedrohung auffassen. Als ich an dem Bambus vorbei gehe, kann ich mit dem Kopf gerade noch der Hand einem der Zwillinge ausweichen, der schon übermütig ausgeholt hat.

Mir stockt der Atem als sich der Silberrücken erhebt und in unsere Richtung kommt. Er berührt fast einen aus unserer Gruppe während er an ihm vorbei marschiert und sich weiter unten bei einem Baum niederlässt. Den Rücken uns zugewandt, als wollte er uns zu verstehen geben, dass er nun genug von dem menschlichen Besuch hat.

p1010723Ganz anders sein Nachwuchs: mittlerweile tollen vier flauschige Bündel zu unseren Füßen herum, räkeln sich in der Sonne, balgen als Knäuel von schwarzen Füßen und Händen durch das hohe Gras. Etwas weiter hinten ist das ernste Gesicht der Mama durch die Zweige  zu sehen. Sie kaut zwar gemächlich die grünen Blätter, lässt uns aber nicht aus den Augen.

Nach einem Blick auf sein Handy meint der Guide, dass unsere Stunde nun um ist. Wir müssen die Familie wieder alleine lassen. Die Zeit ist zu schnell vergangen. Während mich mein Porter wieder den steilen und rutschigen Hang durchs Gestrüpp hochzieht, habe ich immer noch das nachdenkliche Gesicht von dem Silberrücken vor Augen, das so viele menschliche Züge hatte.

p1010726

(Ruanda, Dezember 2016)

Muzungu!

14 Samstag Jan 2017

Posted by Kalinka Maier in Am Fahrrad, Die weite Welt

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Ruanda

Während ich mich bemühe, auf der steilen, abschüssigen Piste beim Bremsen nicht über meinen Lenker abzusteigen und zwischen den Schlaglöchern noch eine Hand zum Winken frei zu bekommen, suche ich in meinem Hirn fieberhaft nach dem Wort für Hallo in Ruanda. „Komera!“ schallt es von rechts. Ach ja, das war’s. Ich hebe kurz meine Hand, um den kleinen Jungen, der begeistert neben mir her läuft, auch mit einem „Komera!“ zu begrüßen – das zugegebenermaßen etwas zerquetscht klingt, da ich einem tiefen Schlagloch ausweichen muss und gerade noch das Vorderrad wieder in den Griff bekomme – dankbar für die dicken Reifen und die gute Federung.

fahrradbusSchon gestern, auf der Fahrt zu unserem Startpunkt, haben die glänzenden Mountain Bikes auf dem Autodach alle Blicke auf sich gezogen. Die Menschen am Straßenrand blieben stehen und ihr Blick wanderte nach oben – wie magisch angezogen von dem blitzenden Metall und den wuchtigen Reifen. Einige Kinder standen mit großen Augen und offenem Mund fast wie versteinert, um dann dem Bus hinterher zu rennen sobald er vorbei war.

Zu Mittag stoppten wir und begannen mit dem Abladen der Räder. Sofort bildete sich ein kleines Grüppchen, das uns schweigsam beobachtete: ein paar Jungen mit selbstgebastelten Fahrrädern aus Holz, eine Frau mit zwei Ziegen am Seil, zwei Mädchen mit Wasserkanistern auf dem Kopf und ein paar ältere Herren. Schon etwas gewöhnungsbedürftig, so viele Zuschauer bei unserem Lunch aus Sandwiches mit Käse und Avocado zu haben.

Seit heute Morgen sind wir nun wieder mit unseren Rädern durch die grünen Hügel auf der holprigen Straße unterwegs. Der feine, rotbraune Staub klebt mittlerweile an Armen, Beinen und im Gesicht. Überall erregen wir Aufsehen: in den Dörfern heben die Frauen vor den kleinen Steinhütten den Kopf von ihrer Arbeit und winken uns zu. Die Kinder kommen zwischen den Häusern angerannt: „Muzungu! Muzungu!“ – das Wort für weißer Mensch oder auch Reisender – und hüpfen vor lauter Begeisterung auf und ab. Zwei trauen sich weiter vor und recken uns ihre kleinen Hände entgegen, damit wir einschlagen. Ein riesiges Heubüschel, aus dem zwei kurze Beine ragen, dreht sich zu mir und eine kleine Hand winkt daraus hervor: „Komera!“.

Die jungen Burschen schlendern die Straße entlang, ganz cool, heben nur lässig die Hand und nicken. Ich fahre langsamer, näher an ein paar Vier- bis Fünfjährige, die aufgeregt auf und ab springen und „Muzungu, Muzungu!“ im Chor singen. Als ich ihnen die Hand entgegenstrecke, reichen sie mir vorsichtig ihre und verstecken sich dann gleich wieder in der schützenden Gruppe.

Links über mir höre ich Gelächter: am Hang sitzt eine kleine Menschenmenge, deutet auf uns, gestikuliert wild und unterhält sich angeregt. Einer zückt sogar sein Handy und macht Fotos von uns. „Do they think we are crazy?“, frage ich unseren Guide. „They are getting used to it.“ ist die diplomatische Antwort.

kinder

Ich trete den nächsten Hang hinauf, zwei Buben laufen neben mir her und schieben mich von hinten an – großer Spaß für sie. Ein anderer betastet vorsichtig meine breiten Reifen. Abwärts geht es wieder über Stock und Stein, von links kommt ein klappriges Fahrrad beladen mit einer schweren Bananenstaude und überholt mich.

Selbst durch die Felder tönt es alle paar Meter zwischen den Bäumen und Sträuchern „Muzungu!“ oder auch ein „Good morning!“, hier wohl die englische Begrüßung für den ganzen Tag. Ich merke, wie ich die ganze Zeit schon ein Lächeln auf den Lippen habe, so ansteckend ist die Begeisterung. Ein junges Mädchen steht am Straßenrand, ein Bündel Brennholz auf dem Kopf, schaut mich ernst an, ganz gebannt. Mein „Komera“ zaubert ein schüchternes Lachen in ihr Gesicht und sie hebt die Hand und strahlt mich an.

geschwister

(Ruanda, Dezember 2016)

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