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Unterwegs & Anderswo

~ Kalinkas Geschichten

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Kategorien-Archiv: Dies und das

Hüttensommer

15 Donnerstag Okt 2020

Posted by Kalinka Maier in Dies und das

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Österreich

Kurz vor 6 Uhr, der Wecker klingelt. Wie immer werfe ich zuerst einen Blick durch das kleine Fenster meiner Dachkammer: die Sonne lugt gerade über die gegenüberliegenden Berge und taucht die Landschaft in weiches Licht. Rasch schlüpfe ich in Jeans und T-Shirt und marschiere mit meinem Waschzeug unterm Arm zwei Stockwerke tiefer ins Bad. Kurze Katzenwäsche mit kaltem Wasser, um den Schlaf aus den Augen zu vertreiben.

Und dann stehe ich auch schon in der Gaststube, die gerade von den ersten Sonnenstrahlen begrüßt wird. Wunderschöne Aussicht ins Tal heute, in der Ferne leuchtet die goldene Scheibe des Neusiedlersees. Eine Gämse steht malerisch am Berghang, nur 100 Meter von der Hütte entfernt, und scheint ebenfalls die Morgenstimmung zu genießen.

Ich liebe diese erste stille Stunde am Morgen, wenn noch alles ruhig ist und ich die Bergwelt für mich alleine habe. Während ich das Frühstück für die Gäste vorbereite, trudeln auch schon vereinzelt die anderen Mitglieder des Hüttenteams ein. Sitzen mit einer Tasse dampfendem Kaffee am Stammtisch, plaudern oder hängen noch ihren eigenen Gedanken nach.

Für mich geht sich heute nur eine schnelle Kaffee-Pause aus, da die Hütte voll ist und das Wetter traumhaft. Der Strom der Wanderer, die verschwitzt bei uns ankommen und Sonne und Aussicht im Garten genießen, reißt für die nächsten Stunden nicht ab.

Kurz erlaube ich mir eine kleine Auszeit, um mich in unseren „Ruhepol“ hinter der Hütte zu „flüchten“: eine kleine Holzbank umgeben von verwilderten Gräsern und Holzstapeln, zwischen denen sich überraschend viele Vögel tummeln. Ein Kaffee mit Schokoriegel, das Gesicht in die warme Sonne halten, um Energie für die nächsten Stunden zu sammeln.

Am späteren Nachmittag ist es ruhiger und ich laufe langsam barfuß über die Wiesen vor der Hütte. Das Gras ist kühl, kitzelt meine Fußsohlen und ich muss aufpassen, dass ich nicht auf eine der Bienen trete, die auch hier oben fleißig unterwegs sind. Ein paar Edelweiß verstecken sich zwischen den Grasbüscheln. Die Stille hält wieder Einzug. Nur vereinzelt hört man die Stimmen von Wanderern, die schon wieder unterwegs ins Tal sind. Der Berg gehört nun den Gämsen, die sich langsam wieder blicken lassen.

Am Abend entlädt sich ein Gewitter über uns. Dunkle Wolken, der Regen prasselt aufs Dach, der Wind pfeift um die Hütte als wollte er sie mit sich forttragen. Das Krachen des Donners wird von den umliegenden Bergen vervielfacht. Wir sitzen gebannt am Fenster und erfreuen uns am Schauspiel von Blitzen und Wetterleuchten, das uns heute geboten wird.

Der nächste Morgen wird Regen und Nebel bringen und die Landschaft wird eine andere sein. Rauer und abweisend, wenn der Wind die Wolken über den steilen Grat jagt. Immer neue Stimmungen und Ausblicke, die uns die Natur hier oben schenkt. Und eine schöner als die andere.

(Rax, Österreich, August 2020)

Am Brunnenmarkt

03 Samstag Okt 2015

Posted by Kalinka Maier in Dies und das

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Österreich, Wien

Hinter mir ertönt das hohe Gesumme eines „Musikanten“, der auf einem Kamm eine fremde Melodie bläst, während mir von vorn der würzige Duft von Vorarlberger Käse entgegen strömt. Ich stehe in der Schlange vom Käsestand und überlege mir, welchen der vor mir gestapelten Käse ich mir gönne – leicht ist die Entscheidung nicht. „Eineuroeineuroeineuro!“ tönt es von den Gemüseständen links von mir. Heute stapeln sich Berge von Melanzani, Paprika und Bohnen,  die alle noch vor dem Wochenende an die Frau oder den Mann gebracht werden müssen.

Mit duftender Käsefracht in der Tasche geht es weiter zu den Bauernständen am anderen Ende vom Yppenplatz. Dieses Wochenende sind herbstliche Astern hoch im Kurs, die es in allen Farben zu kaufen gibt. Da kann ich auch nicht widerstehen und nehme mir einen Strauß mit. Am Wein-Stand vorm Restaurant Wetter, wo einige frühe Gäste beim Kaffee die weichen Sonnenstrahlen genießen, gibt es auch schon den ersten Sturm. Vorsichtig verstaue ich die offene Flasche und schlängele mich durch die Leute mit rollenden Einkaufstaschen vorbei am Stand mit dem frischen Fisch weiter zum selbst gebackenen Kuchen: frischer Mohnkuchen ist heute im Angebot. An der nächsten Ecke gibt es reiche Auswahl an Gnocchi und anderen Teigwaren in allen Farben.

Als ich um die Ecke wieder in die Brunnengasse einbiege, ist am Würstelstand schon Hochbetrieb und zwei Herren sind in eine lebhafte Diskussion verstrickt, während sie ihre Bierflaschen auf dem schmalen Brett an der Wand festhalten. Daneben sitzt eine ältere Dame auf einem der hohen Schemel und schaut nachdenklich in ihren weißen Spritzer.

Vorbei an den Ständen mit Geschirr, engen Jeans und Unterwäsche. Dazwischen sind Hühnerflügel und -keulen fein säuberlich aufgestapelt. Rechts am Stand der „African Meat Junction“, der auch immer stolz seine Kutteln und andere – für mich undefinierbare Innereien – ausstellt, steht auch wieder die Schlange von Afrikanern: hier scheint es speziell zubereitetes Fleisch zu geben. Mir steigt der Duft vom nächsten Kebab Stand in die Nase und wie immer fühle ich mich ein bisschen wie im Urlaub.

FischerinAuf den grün-orangen Bänken vor der Hofer Filiale sitzen Alt und Jung und tratschen, Kindern umkreisen den Hydranten und dahinter schaut von der Hauswand das Graffiti mit der schönen Fischerin. Schnell noch frische Bio-Eier im Strickgeschäft abgeholt, wo der Sohn einen Bio-Hof hat. Frische Kräuter gibt es gratis dazu. Vorne bei der Ampel möchte mir jemand einen Handy-Vertrag mit günstigen Auslandstarifen verkaufen und vor der Bäckerei steht wieder die alte Frau und bittet höflich um ein paar Münzen.

Als ich bepackt mit meinen Einkäufen die Bäckerei wieder verlasse, öffnet mit der junge Mann mit den grell geschminkten Lippen und den nachgezogenen Augenbrauen freundlich lächelnd die Tür: „Danke und Auf Wiederschauen!“.

(Wien, Oktober 2015)

Leben mit der Grube

18 Sonntag Mai 2014

Posted by Kalinka Maier in Dies und das

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Deutschland

scan0012 KopieDie Küche ist sparsam eingerichtet, penibel sauber. Neben der kleinen Küchenzeile steht noch ein alter Kohleherd aus der Zeit als die Mitarbeiter des Braunkohlewerks die Briketts noch gratis bekamen. Mittlerweile gibt es eine moderne Zentralheizung in den kleinen Wohnungen, die nach dem Krieg erbaut wurden und in denen einige Bewohner immer noch die ersten Mieter sind.

Man hört das Ticken der Uhr auf dem Küchenschrank, dem man seine Herkunft aus den 70iger Jahren ansieht. Daneben kleine Porträtfotos, die wohl aus der gleichen Zeit stammen: ein jüngeres selbst, als man fast noch jung war. Auch ein Bild des schon lang verstorbenen Ehemannes. Postkarten-Ansichten von der polnischen Ostsee, wo man als Kind aufgewachsen ist und vom Krieg vertrieben wurde. Die Spitzen der weißen Gardinen am einzigen Fenster verlaufen in einem sauberen Bogen und erlauben einen Blick auf die Straße vorm Haus. Früher standen auf der gegenüberliegenden Seite Kühe auf den Weiden und man hatte im Sommer mit den Fliegen zu kämpfen. Heute stehen dort ordentlich aufgereiht Einfamilienhäuser, in denen mittlerweile auch schon die Kinder erwachsen und aus dem Haus sind.

Früher hörte man auch das ständige Rauschen vom nahen Braunkohlewerk, wenn der Wasserdampf aus den Kühltürmen abgelassen wurde. Das Werk fiel dann Ende der Achtziger selber der Braunkohle zum Opfer, gemeinsam mit dem gleichnamigen Dorf, dessen Bewohner in den Jahren zuvor abgesiedelt wurden und eine gespenstische Ansammlung von Häusern mit zugemauerten Fenstern und Türen zurück ließen. Die Grube rückt näher an den Ort, Zufahrtsstraßen werden verlegt, kurz nach der Ortsausfahrt begegnet man schon der Grubenbahn, die parallel zur Straße Wagen um Wagen mit abgebauter Braunkohle zur Weiterverarbeitung abtransportiert. Gleich dahinter der riesige Schlund der Grube, in der sich der Bagger mit seinen weit ausladenden Schaufelrädern wie ein urzeitliches Ungetüm durch die Kohle gräbt. Die Autos in der Grube wirken daneben wie Spielzeuge.

In den folgenden Monaten werden die Fensterbänke jeden Tag mit einer feinen schwarzen Kohleschicht überzogen sein. Ein offenes Fenster verursacht schwarzen Staub in der Badewanne daneben. Die Straßen rundherum werden mit dem Näherrücken der Grube immer wieder verlegt, teilweise sind beträchtliche Umwege zu fahren, um die umliegenden Ortschaften zu erreichen. Ein über hundert Jahre altes Kloster wurde schon vor einigen Jahren weggebaggert, inklusive umliegendem Wald. Man kommt sich vor wie auf einer Insel im Meer der Braunkohle, die wie durch ein Wunder vom Bagger verschont wurde.

Mittlerweile ist die Grube wieder zugeschüttet, die Narben in der Landschaft durch künstliche Seen und Naherholungsgebiete mit neu aufgeforsteten Wäldern verdeckt. Nichts zeugt mehr von den Geschichten und den Schicksalen, die vorher hier stattgefunden haben. Nur die ganz Alten können noch berichten, wie sie als Kinder im Wald beim Kloster gespielt haben.

Mit der Absiedelung des Tagebaus werden auch die Arbeitsplätze weniger, die jungen Leute verlassen den Ort, die Lebensmittelgeschäfte wandern nach draußen, die Gasthäuser schließen. Für die Dagebliebenen, die fast ihr ganzes Leben hier verbracht haben, werden die täglichen Besorgungen eine Herausforderung.

scan0009 KopieNur das Kraftwerk Niederaußem, das seinen Vorgänger Fortuna ersetzt hat, bläst beständig seine Wasserdampf Wolken in den Himmel über den Ort, die manchmal auch bläulich oder rosa leuchten…

Wen’s interessiert: http://de.wikipedia.org/wiki/Tagebau_Bergheim

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