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Unterwegs & Anderswo

~ Kalinkas Geschichten

Unterwegs & Anderswo

Schlagwort-Archiv: Rumänien

Sound of Silence

08 Dienstag Dez 2020

Posted by Kalinka Maier in Die weite Welt

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Rumänien

Wir sitzen zu zweit hinter der kleinen Hütte auf den Stufen und schauen auf den Stausee, der unter uns zwischen den Bergen glitzert. Und wir flüstern. Schon seit gut einer Stunde. Seit wir hier oben angekommen sind, unterhalten wir uns in gedämpfter Lautstärke und vermeiden jedes laute Geräusch. Die Berge der südlichen Karpaten umgeben uns. Mittendrin in der Wildnis steht die Holzhütte, in der wir heute die Nacht verbringen werden.

Kurz nach 15 Uhr gehen wir nach drinnen und suchen uns gemeinsam mit den anderen einen Platz vor den großen Fenstern. Bewaffnet mit Kamera und Fernglas schauen wir gespannt auf die Lichtung vor uns. Noch sind allerdings nur die Eichelhäher zu sehen, die sich über die ausgestreuten Maiskörner hermachen. Und ein junger Sperber, der seine ersten Übungsflüge Richtung Eichelhäher macht. Die sind aber schneller und weichen geschickt seinen noch etwas plumpen Flugmanövern aus. Um gleich darauf wieder die nächsten Körner zu stibitzen.

Man hört nur das Knacken der Erdnüsse und das Brechen der Schokolade, mit der wir uns die Wartezeit versüßen. Ich schlürfe meinen heißen Kaffee und schaue sogleich erschreckt in die Runde, weil das Geräusch in der Stille umso lauter klingt.

Die Septembersonne sinkt tiefer und es wird schon leicht dämmerig. Plötzlich zeigt jemand nach vorne. Konzentriert schauen wir Richtung Wald, strengen unsere Augen an, um etwas zu erkennen.

Und wirklich, ein großer Schatten bewegt sich zwischen den Bäumen. Ist aber auch gleich wieder verschwunden.

Nun kann man die Anspannung im Raum richtig spüren. Alle starren nach vorne, Fernglas und Kamera in Habt-Acht Stellung. Und dann kommt er von links aus den Büschen, ganz gemächlich schlendert er auf die Lichtung. Sein braunes Fell leuchtet golden im Abendlicht. Ein Braunbär. Nur ein paar Meter vor uns. Entspannt macht er sich über den Mais her, holt mit seinen mächtigen Tatzen auch die versteckten Körner unter dem alten Baumstumpf hervor. Fast eine Stunde genießt er seine Mahlzeit und lässt sich die letzten Sonnenstrahlen auf den Pelz scheinen.

Die Kamera habe ich schon längst beiseite gelegt und erfreue mich einfach am Anblick, genieße das Privileg ein so prachtvolles Tier in seiner natürlichen Umgebung beobachten zu dürfen.

Als er dann schließlich wieder zwischen den Büschen verschwindet, dauert es eine Zeitlang bis sich der erste von uns traut, die Stille zu durchbrechen. Wir sind alle beeindruckt von dem Schauspiel, das uns geboten wurde.

Mittlerweile ist es dunkel geworden und wir genießen einheimische Polenta mit Käse bei Kerzenlicht. Ab und zu werfe ich noch einen Blick durch die nun schwarzen Scheiben und versuche zu erahnen, wer oder was sich dahinter wohl gerade verbirgt.

Ich liege in meinem Stockbett mit Blick auf die Waldlichtung, die mittlerweile vom Mond hell erleuchtet ist. Fast möchte ich die Augen nicht zumachen, um ja nichts zu versäumen. Mitten in der Nacht werde ich dann doch von Peter geweckt, weil draußen wieder ein Bär unterwegs ist. Nur ein großer Schatten ist zu erkennen, gleich daneben ein Wildschwein, dem der Mais wohl auch schmeckt. Ein friedliches Bild, wie die beiden, kaum einen Meter voneinander entfernt, im Mondlicht zu sehen sind.

„So eine Aussicht sollte man öfter vom Bett aus haben“, denke ich noch bei mir, bevor ich schließlich wieder einschlafe.

(Rumänien, September 2019)

Im Dschungel von Bukarest

05 Mittwoch Feb 2020

Posted by Kalinka Maier in Die weite Welt

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Rumänien

Die Sonne steht schon tief, als wir endlich unser Ziel erreichen. Allerdings sind wir uns gar nicht so sicher, ob das, was wir vor uns sehen, wirklich das Ende unserer Odyssee durch Parks und Betonblöcke im Südosten der Stadt ist. Als grüne Oase inmitten der Millionenstadt Bukarest wird der Naturpark Văcărești in diversen Führern und auf Webseiten beschrieben. Nun stehen wir auf einem Betondamm, den wir über einen versteckten Pfad erklommen haben. Vor uns geht es abwärts, zwar sanft abfallend, aber doch 20 Meter über große Betonplatten. Am Ende des Betons beginnt die Wildnis. Hohes Gras, Gestrüpp und Bäume. Keine Spur von einem See, der sich hier verbergen soll.

Etwas ratlos schauen wir uns um und entdecken ein paar Meter weiter eine wackelige Holzleiter, die das steilste Stück des Damms nach unten überwindet. Ein Steg führt über den Beton weiter nach unten. An dessen Ende ist schwach ein Trampelpfad zu erkennen, der sich im Gestrüpp verliert. Kein Mensch ist zu sehen, obwohl wir vor gut 10 Minuten noch mitten im Verkehr der Großstadt unterwegs waren.

Irgendwie hatten wir uns das mit dem Naturpark anders vorgestellt…

Aber nachdem wir ihn nun endlich gefunden haben, wollen wir auch wissen, was sich dahinter verbirgt. Also klettern wir die Leiter hinunter, folgen dem kleinen Weg und befinden uns ein paar Meter weiter in einer anderen Welt.

P1090950

Mit jedem Schritt wird das Rauschen der Stadt schwächer, bis er schließlich ganz verstummt. Wir sind von mannshohem Gras, Disteln und Schilf umgeben. Stattliche Weiden und umgestürzte Stämme säumen den Weg. Am Horizont erheben sich Schornsteine hinter den Blütenständen der Gräser. Ein einsamer Spaziergänger mit Kamera kommt uns entgegen, murmelt einen unverständlichen Gruß und ist wieder verschwunden. Hinter uns leuchten die Hochhäuser am Rande des Damms im Abendlicht, drohen im Dickicht der Wildnis zu verschwinden. Wir folgen den kleinen Trampelpfaden, auf der Suche nach den drei großen Seen, die das Herzstück des Parks bilden sollen.

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1986 sollte auf diesem Areal ein gigantisches Wasserreservoir errichtet werden, um die Überschwemmungen der  Stadt in den Griff zu bekommen. Der Sturz des Ceauşescu-Regimes und ein Konstruktionsfehler der Ingenieure bereitete dem Projekt ein jähes Ende. In den folgenden zwanzig Jahren war die Baustelle sich selbst überlassen und die Natur hat sich auf beeindruckende Weise das Gebiet zurück erobert. Durch unterirdische Verbindungen zum Grundwasser entstanden drei Seen, mehr als 100 Vogelarten sind hier zu finden und sogar Fischotter wurden gesichtet. Einer Gruppe von hartnäckigen Umweltaktivisten ist es zu verdanken, dass das 184 Hektar große Gebiet im Jahr 2014 schließlich zum Naturschutzgebiet erklärt wurde.

P1090963

Bevor die Sonne endgültig am Horizont verschwindet, entdecken wir den ersten See.  Gut versteckt im dichten Schilf und auch nur querfeldein zu erreichen, liegt er friedlich im Abendlicht. Und kurz darauf folgt der nächste. Hier gibt es sogar eine kleine Aussichtsplattform und wir haben freie Sicht auf das andere Ende des Parks und die nächsten Betonbauten. Man hat den Eindruck, als hätte die Stadt das Land hinter dem Betondamm vergessen. Das städtische Leben spielt sich ein paar hundert Meter weiter in den „richtigen“ Parks mit Bänken, Kinderspielplätzen und Verkaufsbuden ab. Hier regiert die Natur und ein bisschen fühlt man sich wie ein Eindringling in dieser kleinen Welt. Die Dämmerung macht sich breit, wir können den schmalen Pfad kaum noch erkennen und orientieren uns an den Silhouetten der dunklen Stadttürme, die den Anschein von düsteren Kriegern erwecken. Langsam klettern wir die groben Betonplatten hoch, der Verkehrslärm holt uns wieder ein und wir überlassen den Park wieder sich selbst und der Natur.

P1090964.jpg

(Rumänien, September 2019)

Sonntag in Bukarest

13 Montag Jun 2016

Posted by Kalinka Maier in Die weite Welt

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Rumänien

Wir sind auf dem Weg zum Cismigiu Park, dem größten und ältesten Park in Bukarest. Die meisten Straßen sind noch spärlich befahren an diesem sonnigen Sonntagmorgen und auf dem breiten Victoria Boulevard sehen die wenigen Autos, die schon unterwegs sind, etwas verloren aus. Dagegen wimmelt es im Park von Menschen. Familien mit Kindern, händchenhaltende Paare und ein paar Senioren sind auf den vielen Wegen unterwegs. Kleine Boote, in denen der Junior im Bug dem rudernden Papa die Richtung vorgibt, bevölkern den See in der Mitte des Parks. In einem Nebenarm trocknen schwarze Schwäne ihr Gefieder und Mandarin-Enten strecken ihre goldenen Schwänzchen auf der Suche nach Essbarem auf dem Teichgrund in die Höhe.

Der Wind weht Musik zu uns herüber und dann stehen wir auch schon vor einer kleinen Bühne, auf der Mädchen in silbernen Kleidchen mehr oder weniger synchron zu Disco-Musik tanzen. Zwei Buben stehen auch verloren dazwischen und versuchen, den Bewegungen der kleinen Tänzerinnen zu folgen. Vor der Bühne viele stolze Mamas und Papas mit jüngeren Geschwisterchen auf den Schultern.

Cismigiul

Ein Stückchen weiter kann mit bunten Comics Englisch lernen, rechts davon werden Kindergesichter bemalt und auf der nächsten Lichtung versuchen Kinder unter Anleitung Origami-Schwäne zu falten. Man hat das Gefühl, dass auch der kleinste Fleck der grünen Oase für Freizeitaktivitäten genutzt wird.

Der Park spuckt uns in eine stille Seitenstraße aus, deren Wände mit bunten Graffitis geschmückt sind. An der nächsten größeren Kreuzung entdecken wir unverhofft ein großes Wandgemälde vom einem Graffiti-Künstler, von dem wir vor zwei Tagen während der alternativen Stadtführung gehört haben.

Wir schlendern durch die immer noch ruhigen Straßen Richtung Athenäum, das wir von innen besichtigen wollen. Doch auf dem Vorplatz bremst uns die Technology Week, die gerade in kleinen Zelten stattfindet, Eintritt frei. Nachdem uns eine der netten Damen geholfen hat, an einem der Laptops das rumänische Formular für die Registrierung auszufüllen, haben wir auch schon unseren Batch und können uns ins Gewühl stürzen. Wir probieren eine Kamera aus, die gleich das Foto ausdruckt (gab’s das nicht schon mal?), bewundern eine Drohne (ganz schön groß), fragen uns, zu was die vielen kleinen Roboter gut sind, überlegen kurz, ob ich mir auch die VR Brille aufsetzen soll und schauen 3D Druckern beim Aufbau ihrer Türmchen zu. Dann gönnen wir uns noch einen Kaffee, bevor wir dann doch in Richtung Athenäum gehen.

Nachdem wir den etwas versteckten Seiteneingang gefunden haben, müssen wir nur noch an dem streng blickenden Herrn vorbei, der dort vor einem alten Röhren-Fernseher sitzt. Er verlässt kurz das Gerät, um unseren Eintritt zu kassieren und deutet dann auf eine Tür, mit dem Hinweis leise zu sein. Wir steigen eine ausladende Wendeltreppe hinauf während die Orchestermusik immer lauter wird. Schließlich schleichen wir auf Zehenspitzen in den runden, dunklen Theaterraum, auf dessen erleuchteter Bühne wohl das komplette Philharmonische Orchester von Bukarest sitzt und für die nächste Vorstellung probt. Andächtig setzen wir uns in zwei der roten Samtsessel und lauschen der Musik, die den ganzen Saal füllt. Dabei wandern unsere Blicke über die runden Wände, die mit Szenen aus der Geschichte des rumänischen Volkes bemalt sind.

PhilharmonieBukarest

Als wir nach einer halben Stunde wieder blinzelnd auf die sonnige Straße treten, ist es fast so, als tauchen wir aus einer fremden Welt wieder in der Wirklichkeit auf.

Nun zieht es uns in die Altstadt, wo schon ein kühles Bier mit Mici und Sarmales auf uns wartet.

BrightSide

(Bukarest, Mai 2016)

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