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Es ist unser zweiter Tag im Etosha Nationalpark, es wird schon dämmerig und dicke Regenwolken hängen am Horizont. Eigentlich sind wir auf dem Rückweg zu unserer Lodge, als unser Guide noch mal durchs Fernglas schaut und dann aufgeregt auf die Piste deutet, die in der Ferne parallel zu uns verläuft: dort dürften gerade zwei Geparden vor einem Auto die Seite wechseln. „Let’s get there!“, und schon sitzt er wieder hinter dem Lenkrad und steuert auf den Punkt in der Ferne zu.

Gespannt suchen wir die Savanne ab, die hier auch immer wieder von dornigen, mit kleinen Blättern geschmückten Büschen bevölkert wird. Das Muster der großen, schlanken Katzen ist aber auch wirklich eine zu gute Tarnung! Aber dann kommen sie beide aus der grünen Deckung. Schauen kurz in unsere Richtung und konzentrieren sich dann auf eine Gruppe Impalas, die ahnungslos in gut hundert Metern Entfernung grast. In Gesellschaft von einigen Helmperlhühnern: so genannt, wegen ihrem hornartigen Gebilde auf dem Kopf. Auch sie scharren unbeirrt im staubigen Boden. „Government Chicken“ nennt sie unser Guide: „They are everywhere and well protected.“

Mittlerweile sind noch zwei weitere Jeeps eingetroffen. In der Erwartung einer spannenden Jagd sind unsere Kameras bereit zum Auslösen. Und wir halten den Atem an, während sich die beiden auf leisen Sohlen näher an ihre potenzielle Beute heranpirschen. Wunderschön und elegant sind die beiden Tiere anzuschauen, wie sie leichtfüßig durch das Gebüsch schleichen. Sie bleiben immer wieder stehen, um die Umgebung zu prüfen. Unsere Autos scheinen sie nicht zu stören. Geduckt nähern sie sich den immer noch ruhig fressenden Antilopen. Dicht nebeneinander nehmen sie nun Geschwindigkeit auf und setzen zum letzten Sprint an. Kein Laut ist nun von den stillen Beobachtern in den Jeeps zu hören.

Da durchbricht plötzlich ein ohrenbetäubendes Geschrei die Stille: die Geparden wurden von den Perlhühnern entdeckt und sofort stimmen sie ihren Warnruf an. Aber damit nicht genug: zu unserem Erstaunen stürmen sie furchtlos auf die beiden Angreifer los. Und schlagen sie mit ihrem Lärm doch tatsächlich in die Flucht! Beide Raubkatzen drehen um und suchen das Weite. Wir sind fassungslos. Haben wir gerade erlebt, dass ein paar Hühner den schnellsten Jäger Afrikas in die Flucht geschlagen haben?

Doch weit sind sie nicht, unsere Geparden: sie haben einen großen Bogen geschlagen und tauchen nun auf der anderen Seite der Impalas auf. Aber zu spät: längst sind diese auch durch die Warnung alarmiert und ergreifen nun die Flucht.

Zurück bleiben zwei frustrierte Großkatzen und eine Gruppe siegreicher Perlhühner, die schon wieder unschuldig im Gras scharren, als wäre nichts gewesen.

(Namibia, Dezember 2020)