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Mit dem frischen Kaffee kuschele ich mich wieder ins Bett und schaue durch die Balkontür aufs Meer. Noch sind die Felsformationen nur als dunkle Umrisse zu erkennen. Eine Möwe schreit, leise singt der Wind über die Wellen.
Soll ich? Soll ich nicht?
Das warme Bett will mich festhalten, verlockend noch eine Zeitlang in den Federn zu bleiben und der Sonne zuzusehen, wie sie aus dem Meer steigt.
Noch ein Schluck vom heißen Kaffee, langsam tut er seine Wirkung.
Andrerseits, die Gelegenheit bietet sich sonst nicht… Ok, der Entschluss ist gefasst. Ich trinke den letzten Rest vom Kaffee, schlage die Decke zurück und suche mein Badezeug. Als ich fünf Minuten später vor dem Hotel stehe, zeigt sich schon ein heller Schimmer über dem Horizont. Die Luft ist noch kühl und ich wickle den Bademantel enger um mich. Der Weg über die Straße ist kurz, noch ist alles ruhig.
Ich steige die Treppen hinunter zu den schwarzen Lavafelsen. Keine Menschenseele zu sehen. Das Wasser schimmert grünlich und etwas geheimnisvoll. Die Schatten einiger Fische gleiten unter der Oberfläche dahin. Rechts und links von mir erheben sich 2-3 Meter hohe Türme aus erstarrter Lava in der Dämmerung.
Die frische Morgenluft hüllt mich ein, als ich den Bademantel auf einem Felsen ablege. Kurz streift mich eine Gänsehaut. Der erste Schritt ins kalte Wasser lässt mich frösteln. Doch nun gibt es kein Zurück mehr. Kurze Abkühlung und schon bin ich mittendrin im salzigen Nass. Spüre eine Prickeln am ganzen Körper, wie kleine Nadeln.
Mit raschen Zügen schwimme ich durch das Labyrinth aus Lavatürmen bis zur künstlichen Mauer, hinter der das Meer seine Wellen gegen die Felsen schleudert. Feine Gischt spritzt mir ins Gesicht. Eine Krabbe ist auf den Felsen schon auf der Suche nach einem Frühstück. Leuchtend rot strahlt ihr Panzer im Licht des erwachenden Tages.
Ich schwimme ein paar Runden zwischen den Felsen, genieße das kühle Wasser und die Ruhe, untermalt vom leisen Rauschen der Wellen. Langsam nimmt meine Umgebung Konturen an, das unergründliche Grün des Wassers verwandelt sich in freundliches Türkis.
Als ich mich in meinen Bademantel hülle und zurück Richtung Hotel gehe, lugen schon die ersten Strahlen der Sonne über das Meer.
„Warst du schon schwimmen? Du siehst so frisch aus.“
(Madeira, Portugal, Dezember 2022)