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Das  Hinweisschild ist so unscheinbar, dass man es leicht übersieht: kaum größer als eine A4 Seite weist es auf einem Holzpflock in den Wald hinein. Daneben schlängelt sich ein schmaler Pfad zwischen den Bäumen durch. Wir steigen ab und schieben unsere Räder über den holprigen Weg. Kleinere Pfeile weisen immer tiefer in das Gestrüpp aus hohem Gras und Kiefern, und wir sind schon kurz davor, wieder umzukehren, als wir auf eine kleine Lichtung gelangen. Eine Holzplatte zeigt grob den Grundriss des ehemaligen Lagers und in einem Fach aus durchsichtigem Plastik stecken ebenfalls grobe Skizzen. Hier soll sich also das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück befunden haben.

Links von der Lichtung stehen zwei große Felsen mit einem schmalen Durchgang. Ich zwänge mich hindurch und stehe plötzlich vor einer großen leeren Fläche mitten im Wald, die mit Betonplatten bedeckt ist. Rechts von mir halten sich mannshohe Figuren aus Maschendraht an den Händen und schauen stumm in die Leere. Ich spüre, wie ich eine Gänsehaut bekomme, als vor meinem geistigen Auge die Baracken erscheinen, die hier vor mehr als 70 Jahren gestanden haben und für so viele Mädchen und Frauen Leid und Tod bedeutet haben.
Ravensbrück

Um uns herum ist es still und der leere Raum vor uns wirkt fast bedrohlich mit seiner Geschichte, die von den Bäumen ringsum reflektiert und bewahrt zu werden scheint. Irgendwie berührt mich dieses Nichts mehr als ein Gedenkstein oder rekonstruierte Gebäude.

Als wir unsere Reise auf dem Fahrrad schweigend fortsetzen, treiben sich die Bilder von diesem Ort noch eine Zeit lang in unseren Köpfen herum.

(Juli 2014)