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Es ist später Nachmittag, die Sonne senkt sich Richtung Horizont und man spürt schon die Kühle der Nacht, die bald aus ihren Verstecken kriechen wird. Die Hauptstraße der Stadt ist eine einzige Baustelle und jedes Fahrzeug, das an mir vorbeirauscht, hüllt mich in eine Staubwolke.

Lumbini ist Pilgerzentrum und UNESCO Weltkulturerbe. Den Großteil des Nachmittags haben wir in dem riesigen Park mit seinen Tempeln und Pagoden verbracht. Viele Gläubige waren zur Geburtsstätte Siddhartas, dem Begründer des Buddhismus, unterwegs. Überall kleine Grüppchen von Betenden, oft in Begleitung eines Mönches in rotem Gewand. Der Geruch von Räucherstäbchen in der Luft. Gesang und leises Gemurmel. Dazwischen Scharen von Touristen, die mehr oder minder ehrfürchtig durch die Anlage spazierten und Fotos machten.

Unser Hotel für heute ist ein riesiger, gesichtsloser Bau, dessen kühle Architektur sich auch in der Zimmertemperatur widerspiegelt, direkt an der Hauptstraße gelegen. Auf der Suche nach etwas Ruhe und vielleicht auch nach dem wirklichen Nepal, habe ich die große Gartenanlage mit dem Pool hinter mir gelassen und spaziere nun an der staubigen Baustelle entlang. Biege in ein paar Nebenstraßen, die von kleinen Häuschen gesäumt sind, aus denen Rauch aufsteigt. Kinder spielen auf der Straße und beäugen mich neugierig. Ein paar magere Kühe liegen wiederkäuend am Straßenrand. Direkt gegenüber die hohe Mauer unseres Hotels.

Ich biege wieder in die Hauptstraße ein, als plötzlich ein Moped mit zwei jungen Männern neben mir hält. Irritiert will ich schon weitergehen, doch sie steigen ab und kommen auf mich zu. Ich schaue mich um, ob vielleicht sonst noch jemand in der Nähe ist. Doch nein, sie wollen zu mir. Zücken ihr Handy und geben mir zu verstehen, dass sie gerne ein Selfie mit mir machen würden. Irgendwie bin ich immer noch unsicher, was sie wirklich von mir wollen. Ich bin weder blond, noch jung und überrage zudem die beiden um eine Kopfgröße. Doch das stört sie nicht. Lachend nehmen sie mich in ihre Mitte, machen ihre Bilder und haben wohl den größten Spaß dabei. Bedanken sich fröhlich und sind auch schon wieder in einer Staubwolke verschwunden.

Nachdenklich gehe ich weiter Richtung Hotel, nach wie vor überrascht und etwas perplex über dieses Erlebnis. Erst später erfahre ich, dass es wohl gerade meine Körpergröße ist, die den beiden ein Selfie wert war. Große Frauen, dazu noch Europäerinnen, dürften wohl nicht zum Alltag in Nepal gehören.

(Nepal, Januar 2020)